Vom Dunkel ins Licht – Duo Matschke Kakutia

Münchner Volkshochschule, Bäckerstr. 14, München-Pasing

Die bekannte und vielseitige Geigerin Anna Kakutia und ihre ebenso engagierte Duo-Partnerin Marita Matschke (Klavier) haben ein Programm zusammengestellt, das die Hörerinnen und Hörer aus der dunklen Jahreszeit herausführt in die hellen, warmen Frühlings- und Sommermonate. Auf die Violinsonate c-Moll BWV 1017 von Johann Sebastian Bach, die Stilelemente der Passionsmusiken des Komponisten vorwegnimmt, folgt die selten gespielte Suite op. 79d von Max Reger, in der ein gefühlvolles Wiegenlied mit zwei kapriziös-burlesken Folgesätzen zusammengespannt ist. Nach dem tänzerischen Rondo A-Dur D 438 von Franz Schubert beschließen zwei musikalische Schwergewichte den Konzertabend: die Sonate G-Dur KV 301 von Wolfgang Amadeus Mozart und die Sonate F-Dur op. 24 „Frühlingssonate“ von Ludwig van Beethoven.

Eintritt 25 €, ermäßigt für Mitglieder 20 €, für Schüler und Studierende bis 30 Jahre 5 €.
Anmeldung unter info@kammermusik-pasing.de

Die Sonate für Violine und obligates Cembalo BWV 1017 von Johann Sebastian Bach (1685 – 1750) ist Teil eines zwischen 1717 und 1724 entstandenen Zyklus von sechs Violinsonaten. Es ist sein bedeutendster Kammermusikzyklus, der einen entscheidenden Wendepunkt in der Entwicklung der Violinsonate markiert. Es handelt sich um eine verkappte Triosonate, bei der die zweite Oberstimme über der Bassstimme in die rechte Hand des Cembaloparts gewandert ist. Gerade diese Verschiebung ermöglicht die Herausbildung der Violinstimme als einziges, gleichberechtigtes Soloinstrument gegenüber dem Cembalo. Bach hat diese Möglichkeit innovativ ausgenutzt, und so sind die sechs Sonaten die ersten in der Musikgeschichte, bei denen die Violine dem Tasteninstrument „auf Augenhöhe“ gegenübertritt. Im musikalischen Ausdruck entspricht vor allem die Sonate BWV 1017 in seiner Ausdruckskraft und seiner solistischen Stimmführung dem sogenannten italienischen Stil. Der erste Satz ist ein „Siciliano“ –  eine aus Sizilien stammende Kompositionsform mit  sanfter Melodik und wiegendem Rhythmus. Der schmerzlich-süße Gestus dieses Satzes verweist deutlich auf die wenig später komponierte “Erbarme-Dich“-Arie aus der Matthäuspassion. Auch der langsame dritte Satz atmet eine nachdenkliche Trauer, wie sie im Bass-Arioso „Betrachte, meine Seel“ aus der Johannespassion zum Ausdruck kommt. Diese langsamen Sätze rahmen eine dreistimmige Fuge ein, die zu den kunstvollsten Fugen Bachs gehört. Ein schwungvolles Allegro beendet dieses großartige Werk.

Die Suite op. 79d von Max Reger (1873 – 1916), entstanden zwischen 1902 und 1904, besteht aus drei klanglich sehr reizvollen, kurzen Charakterstudien aus Regers früher Schaffenszeit. Im ersten Satz „Wiegenlied“ greift der Komponist auf die Stilelemente des barocken Siciliano zurück. Der Mittelsatz „Capriccio“ ist eine romantisch-melodiöse Studie mit einer dramatischen finalen Steigerung. Den Schluss der Suite bildet die übermütige, tänzerische „Burla“ – eine äußerst vergnügliche, rhythmusbetonte Burleske.

Franz Schubert (1797 – 1828) hat mit seinem 1816 entstandenen Rondo für Violine und Streicher D 438 ein ausgesprochen populäres, eingängiges Werk geschaffen, das jedoch zu seinen Lebzeiten unveröffentlicht blieb und erst 1897 veröffentlicht wurde. Das Duo Matschke Kakutia spielt das Werk in einer Bearbeitung für Violine und Klavier. Nach einer langsamen Einleitung in Haydn’scher Manier beginnt das eigentliche Rondo mit seinem ausgesprochen tänzerischen, schwungvollen Thema, das stilistisch sehr an die „Unterhaltungsmusik“ Mozarts – Tänze. Serenaden, Divertimenti – erinnert.

Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791) nannte den Zyklus von sechs Violinsonaten KV 301 – 306 sein „Opus 1“. Er war offenbar sehr zufrieden mit diesen Kompositionen. Der Zyklus entstand in einer seiner glücklichsten Lebensphasen während seiner Reise nach Mannheim an den kurpfälzischen Hof und anschließend nach Paris, die er – ohne den immerwährend gängelnden Vater Leopold – von Oktober 1777 bis Sommer 1778 unternahm. Überdies lernte er in Mannheim seine erste große Liebe Aloysia Weber kennen, die Schwester seiner späteren Frau Constanze. Reclams Kammermusikführer charakterisiert diese Sonaten zu recht als „ungemein farbig, phantasievoll und voller sprühender Spielfreude“. Mozart gab diesen Sonaten zwar den traditionellen Titel „Sonaten für Cembalo oder Klavier mit Violinbegleitung“. Aber er bezeichnete sie doch auch als Klavierduette mit Violine und hob damit die gleichberechtigte Partnerschaft beider Instrumente hervor. Im ersten Satz des zweisätzigen Werks stellt die Violine das Hauptthema vor, das vom Klavier wiederholt wird. Es folgt ein von Ideenreichtum sprühender Kranz von Nebenthemen, die kunstvoll variiert werden und schließlich in eine Reprise münden. Besonders reizvoll ist der nach Art eines Menuetts gestaltete zweite Satz mit einem elegischen Mittelteil. Ein Werk, das pure Lebensfreude verströmt.

Die Violinsonate  Nr. 5  op. 24 von Ludwig van Beethoven (1770 – 1827) entstand 1800/1801. Sie ist neben der Sonate Nr. 9 op. 47 „Kreutzersonate“ die wohl bekannteste unter den zehn Violinsonaten Beethovens. Beethoven nannte seine Violinsonaten „Sonaten für Pianoforte und Violine“ und folgte damit – wie Mozart – der traditionellen Bezeichnung, die der nach der Barockzeit einsetzenden historischen Entwicklung als Klaviersonate mit Violinbegleitung entsprach. Mit der heiteren „Frühlingssonate“ op. 24 vollzog der Komponist  allerdings eine Hinwendung zum von ihm so bezeichneten „neuen Stil“, der sich an der symphonischen Form orientiert. Das zeigt sich beispielsweise an der erstmals verwendeten Viersätzigkeit, im vergleichsweise breit angelegten Aufbau der Ecksätze und in der ausdifferenzierten thematischen Verarbeitung in Durchführung und Reprise.

© Georg Thum

Die 1979 in Tiflis/Georgien geborene Violinistin Anna Kakutia studierte ab 1997 am Konservatorium ihrer Geburtsstadt und ab 1998 an der Musikhochschule München in der Klasse von Professor Ernö Sebestyén. 2005 schloss Anna Kakutia ihr Studium mit dem Meisterklassendiplom ab. Noch zu Studienzeiten in Tiflis zeichnete die georgische Regierung Anna Kakutia mit einem Stipendium aus, zudem wurde sie Mitglied des Staatlichen Kammerorchesters von Georgien. Im nationalen Musikwettbewerb zählte sie zu den Preisträgern. Sie war die erste von der Friedrich-Naumann-Stiftung geförderte Musikerin und erhielt 2021 ein Stipendium des Deutschen Musikfonds. Nachhaltige Eindrücke sammelte Anna Kakutia als Mitglied des Akademieorchesters des Luzern Festivals unter Leitung von Pierre Boulez. Neben klassischen Werken setzt sie sich für zeitgenössische Musik ein und arbeitet mit renommierten Komponisten zusammen. Neben zahlreichen Rundfunkaufnahmen erschienen 2017 und 2022 CD-Einspielungen beim Label NEOS und bei der Sheva Classic Collection INEDITA.

https://www.annakakutia.com/ueber-die-geigerin/

Die Pianistin Marita Matschke studierte an der Münchner Musikhochschule bei Ludwig Hoffmann, Margarita Höhenrieder und Ayami Ikeba und schloss mit dem künstlerischen Diplom ab. Es folgten Aufbaustudien in Augsburg und Graz sowie zahlreiche Meisterkurse. Beim internationalen Klavierwettbewerb in Finale Ligure/ Italien wurde sie als jüngste Finalistin mit der Goldmedaille ausgezeichnet und erhielt den Siegfried-Gschwilm-Preis Augsburg. Sie war Stipendiatin der Yehudi-Menuhin-Förderung „live music now“. Sie gibt Klavierabende, tritt als Solistin mit Orchester auf und spielt in verschiedenen Kammermusikformationen. An der Hochschule für Musik und Theater in Stuttgart war Marita Matschke Lehrbeauftragte für Opernkorrepetition. Beim Bayerischen Rundfunk hat sie mehrere Aufnahmen eingespielt.