Das Insomnia Sextett Regensburg spielt Streichsextette von Korngold und Dvořák
Es gibt sehr wenige Kammermusikensembles, die auf Dauer in der Besetzung mit jeweils zwei Violinen, Bratschen und Celli musizieren. Eine dieser seltenen Formationen ist das Insomnia Sextett Regensburg. Es besteht aus sechs jungen Mitgliedern des Philharmonischen Orchesters Regensburg, die sich 2017 an ihrem Arbeitsplatz, dem Theater der Stadt, kennengelernt haben und durch die Liebe zur Kammermusik verbunden sind:
Yui Iwata-Skweres (Violine)
Joana Weyland (Violine)
Břetislav Hera (Viola)
Matthias Rosenfelder (Viola)
Tomasz Skweres (Violoncello)
Arnold Thelemann (Violoncello)
Auf dem Programm des Konzerts in der letzten vollständig erhaltenen gotischen Dorfkirche Münchens stehen ein Werk eines frühvollendeten Genies der Wiener Musikszene in der Zeit der untergehenden Donaumonarchie, das Streichsextett D-Dur op. 10 von Erich Wolfgang Korngold, und ein Meisterstück eines böhmischen Komponisten der Romantik auf dem Sprung zum Weltruhm, das Streichsextett A-Dur op. 48 von Antonín Dvořák.
Eintritt: € 25, für Mitglieder € 20, für Schüler/Studierende bis 30 J. € 5.
Verbindliche Anmeldung unter info@kammermusik-pasing.de
Erich Wolfgang Korngold (1897 – 1957) war ein echtes Wunderkind: Gustav Mahler bezeichnete den Zehnjährigen als Genie, Richard Strauss bewunderte „diesen jungen Erzmusikanten“, dessen Kompositionen ihn „mit Schrecken und Furcht erfüllten“. Mit zwölf komponierte er sein Klaviertrio op. 1, mit dreizehn erregte sein an der Wiener Hofoper aufgeführtes pantomimischen Ballett „Der Schneemann“ Aufsehen. 1917 komponierte er zwei Opern-Einakter, die Bruno Walter in München herausbrachte. Als Zwanzigjähriger landete er mit seiner Oper „Die tote Stadt“ einen Sensationserfolg, der binnen weniger Jahre an achtzig Theatern in aller Welt nachgespielt wurde. Wegen seiner jüdischen Herkunft angefeindet, folgte er einer Einladung von Max Reinhardt in die USA, um Mendelssohns Sommernachtstraum-Musik für den Film zu arrangieren – und wurde prompt von Warner Brothers unter Vertrag genommen. Als ebenso erfolgreicher wie innovativer Filmkomponist erhielt er zwei Oscars. Voller Sehnsucht nach Wiedererlangung seines früheren Lebens als klassischer Komponist kehrte er 1949 nach Wien zurück. Doch er galt in der klassischen Musikszene wegen seiner Filmkomponisten-Karriere als disqualifiziert, und die musikalische Avantgarde hatte sich von seinem spätromantischen, tonalen Stil abgewandt. Nach seiner endgültigen Rückkehr in die USA starb er enttäuscht und einsam als vergessenes Genie, das erst in jüngster Zeit eine Renaissance erlebt.
Das 1915 entstandene und zwei Jahre später publizierte Streichsextett op. 10 ist ein ungemein farbiges, vielseitiges Werk. Auf den ersten Satz mit seinen drei Themengruppen, seinen Aufschwüngen und Ausbrüchen folgt der träumerisch versponnene langsame Satz, der von melodiösen Cello-Passagen dominiert wird und an Schönbergs „Verklärte Nacht“ erinnert. Das folgende Intermezzo atmet Wiener Landler-Seligkeit mit Glissando- und Pizzicato-Passagen; Gustav Mahler und Richard Strauss lassen grüßen. Der Finalsatz ist eine virtuose Humoreske mit dahineilenden, hüpfenden und dahinhuschenden Fugato-Passagen und marschartigen Einschüben, ehe das Werk mit einem fröhlichen Aufschwung endet.
Antonín Dvořák (1841 – 1904) war das älteste von neun Kindern eines Gastwirts und Metzgers, dessen Leidenschaft allerdings der Musik galt und der später sein Geld als Zitherspieler verdiente. So erhielt er professionellen Orgelunterricht, spielte Bratsche, fing an zu komponieren und verdiente als junger Mann seinen Lebensunterhalt als Kaffeehausmusiker und in einem Privatorchester- dem späteren Orchester des Prager Nationaltheaters. Der Durchbruch als Komponist gelang ihm, als er unter nachdrücklicher Fürsprache von Johannes Brahms 1875 das österreichische Staatsstipendium erhielt und von seinem Förderer dem Verleger Fritz Simrock empfohlen wurde. Dies war der Beginn einer steilen Weltkarriere und einer lebenslangen Freundschaft zwischen den beiden Komponisten.
Mit dem 1878 entstandenen Streichsextett op. 48 begann die „böhmische Periode“ in der Kammermusik des Komponisten. Bis dahin hatte er sich als kompositorischer Autodidakt an der deutschen Romantik und vor allem am „Neutöner“ Richard Wagner orientiert, später am Kompositionsstil von Johannes Brahms. Nun wandte er sich den Musiktraditionen und -formen seiner böhmischen Heimat zu und bezeichnete sich auch selbst als „böhmischen Musikanten“. Vom Streichsextett op. 48 war Brahms begeistert: „Es ist unendlich schön. (…) Diese herrliche Erfindung, Frische und Klangschönheit“! Der erste Satz des Sextetts beginnt mit einem liedhaften Thema in einem breit dahinströmenden Fluss, aus dem sich schließlich das lebhaftere, tänzerische Nebenthema entwickelt. Die beiden Mittelsätze hat der Komponist mit den Bezeichnungen für slawische Volkslied- und Tanzsätze versehen: Die Bezeichnung des langsamen, mit „Dumka“ überschriebenen Satzes bezieht sich auf eine ursprünglich aus der Ukraine stammende traditionelle Tanzmelodie. Der zärtlich-wehmütige Charakter des Satzes, in dessen Zentrum ein verträumtes Wiegenlied steht, berührt unmittelbar. Der nachfolgende „Furiant“, ein schneller böhmischer Volkstanz mit einem lyrischen Trio und einem wilden Schluss-Accelerando, nimmt die Stelle eines Scherzos ein. Der Finalsatz beginnt mit einem Trauermarsch-Thema, das in fünf Variationen verarbeitet wird, ganz allmählich an Schwung gewinnt und schließlich in einer furiosen Stretta dem Ende des Werks zueilt.
Zur Namenswahl „Insomnia Sextett“ schreibt das Ensemble auf seiner Homepage: „Der Name ist durch die mittlerweile acht Ensemble-Kinder inspiriert, die uns zwar gelegentlich nachts wach-, aber niemals davon abhalten, mit Begeisterung gemeinsam Musik zu machen.“