Winterreise von Franz Schubert
Der Bass David Steffens, am Klavier begleitet von Akemi Murakami, singt Schuberts ergreifenden Liederzyklus, die „Winterreise“.
Eintritt: 25€, ermäßigt für Mitglieder 20€, für Schüler und Studierende bis 30J. 5€, Kinder bis 14J. frei.
Reservierung erforderlich unter info@kammermusik-pasing.de
Auch in diesem Jahr können wir die schöne Tradition der Kammermusik in Pasing fortsetzen: Zum neunten Mal wird Anfang Januar die „Winterreise“ von Franz Schubert im Konzertsaal der Volkshochschule erklingen. Da der Raum nur einer sehr begrenzten Anzahl von Zuhörern Platz bietet, wird das Konzert am Sonntag wiederholt. Und wieder gibt es eine neue Stimme zu entdecken - diesmal singt der Bass David Steffens diesen „Zyklus schauerlicher Lieder“, wie Schubert selbst seine Komposition nannte.
Der in Bayern geborene David Steffens studierte Gesang am Mozarteum in Salzburg, besuchte diverse Meisterkurse und war Mitglied im Internationalen Opernstudio des Opernhauses Zürich. Seit 2020/21 ist er Ensemblemitglied an der Oper in Stuttgart, ist aber weiterhin national und international ein gefragter Sänger, sowohl in Opernproduktionen als auch auf Konzertbühnen. Näheres unter https://www.davidsteffens.com/en/curriculum-vitae/
Zum dritten Mal in unserer Reihe begleitet Akemi Murakami am Klavier. Sie stammt aus Japan, studierte dort, in Freiburg und in München. Im Laufe ihrer internationalen Karriere wirkte sie sowohl solistisch, als auch als Liedduo- und Kammermusikpartnerin bei vielen Konzerten und Festivals mit, ist Dozentin bei Meisterkursen und als offizielle Begleiterin beim ARD-Musik-Wettbewerb für Gesang engagiert. http://www.akemi-murakami.com/biografie.html
Unter Liebhabern des Kunstliedes ist die von ihr 2017 gegründete Reihe
„LIED-ER-LEBEN“ im Schloss Nymphenburg ein Begriff, deren künstlerische Leiterin sie nach wie vor ist. https://www.lied-er-leben.com/
Der Bass David Steffens, am Klavier begleitet von Akemi Murakami, singt Schuberts ergreifenden Liederzyklus, die „Winterreise“.
Eintritt: 25€, ermäßigt für Mitglieder 20€, für Schüler und Studierende bis 30J. 5€, Kinder bis 14J. frei.
Reservierung erforderlich unter info@kammermusik-pasing.de
Auch in diesem Jahr können wir die schöne Tradition der Kammermusik in Pasing fortsetzen: Zum neunten Mal wird Anfang Januar die „Winterreise“ von Franz Schubert im Konzertsaal der Volkshochschule erklingen. Da der Raum nur einer sehr begrenzten Anzahl von Zuhörern Platz bietet, wird das Konzert am Sonntag wiederholt. Und wieder gibt es eine neue Stimme zu entdecken - diesmal singt der Bass David Steffens diesen „Zyklus schauerlicher Lieder“, wie Schubert selbst seine Komposition nannte.
Der in Bayern geborene David Steffens studierte Gesang am Mozarteum in Salzburg, besuchte diverse Meisterkurse und war Mitglied im Internationalen Opernstudio des Opernhauses Zürich. Seit 2020/21 ist er Ensemblemitglied an der Oper in Stuttgart, ist aber weiterhin national und international ein gefragter Sänger, sowohl in Opernproduktionen als auch auf Konzertbühnen. Näheres unter https://www.davidsteffens.com/en/curriculum-vitae/
Zum dritten Mal in unserer Reihe begleitet Akemi Murakami am Klavier. Sie stammt aus Japan, studierte dort, in Freiburg und in München. Im Laufe ihrer internationalen Karriere wirkte sie sowohl solistisch, als auch als Liedduo- und Kammermusikpartnerin bei vielen Konzerten und Festivals mit, ist Dozentin bei Meisterkursen und als offizielle Begleiterin beim ARD-Musik-Wettbewerb für Gesang engagiert. http://www.akemi-murakami.com/biografie.html
Unter Liebhabern des Kunstliedes ist die von ihr 2017 gegründete Reihe
„LIED-ER-LEBEN“ im Schloss Nymphenburg ein Begriff, deren künstlerische Leiterin sie nach wie vor ist. https://www.lied-er-leben.com/
Kammermusik von Opernkomponisten
Das Kammerensemble des Bayerischen Staatsorchesters spielt Streichquartette von Puccini, Cherubini und Verdi
Samstag, 17. Februar 2024, 19 Uhr
MVHS Pasing, Bäckerstraße 14
Es gibt Komponisten, die in allen Genres der klassischen Musik zuhause sind, Allrounder gewissermaßen. Mozart ist die ideale Verkörperung dieser Spezies von Tonsetzern. Und es gibt Komponisten, deren Werk sich vorwiegend oder fast ausschließlich auf eine Gattung von Kompositionen beschränkt, etwa Opern. Beispiele für diesen Komponistentyp sind Puccini, Verdi oder, mit Einschränkungen, Cherubini. Umso überraschender und origineller ist oft das Ergebnis, wenn Opernkomponisten, zumal italienische, ihr angestammtes Revier der unmittelbar auf die Sinne einwirkenden Kantilene verlassen und abstrakte Kammermusik schreiben. Das Publikum begegnet dann oft unbekannten und unerwarteten Schätzen.
Das Konzert ist bereits ausverkauft!
Dies gilt auch für das Programm, das die Mitglieder des Kammerensembles des Bayerischen Staatsorchesters,
Michele Torresetti und Immanuel Drißner (Violinen), David Ott (Viola) und Dietrich von Kaltenborn (Violoncello)
am 17. Februar 2024 präsentieren werden:
Giacomo Puccini (1858 – 1924) „Crisantemi“
Luigi Cherubini (1760 – 1842) Streichquartett Nr. 2 C-Dur
Giuseppe Verdi (1813 – 1901) Streichquartett e-Moll
Eintritt 25 €, ermäßigt für Mitglieder 20 €, für Schüler und Studierende bis 30 Jahre 5 €.
Anmeldung unter info@kammermusik-pasing.de
„Crisantemi“ von Giacomo Puccini ist eine innige, zu Herzen gehende Trauermusik aus drei ineinander übergehenden Teilen in getragenem Andante-Tempo. Puccini schrieb sie angeblich in einer Nacht im Gedenken an seinen Freund Herzog Amadeus von Savoyen, der 1890 verstarb. Drei Jahre später verarbeitete er das Hauptmotiv, einen musikalische Klageruf in Form einer chromatisch aufsteigenden Linie, in der Sterbeszene der Oper „Manon Lescaut“. Der Name des Werks bezieht sich auf die Chrysantheme als traditionelle Trauerblume.
Das Streichquartett Nr. 2 C-Dur von Luigi Cherubini entstand 1834 bis 1837. Zu dieser Zeit hatte sich der Komponist, vom zunehmend ausbleibenden Erfolg seiner zahlreichen Opern bitter enttäuscht, der Kirchenmusik und der akademischen Lehrtätigkeit als Professor und später Direktor des Pariser Konservatoriums zugewandt. Der modernen Konkurrenz von Spontini, Rossini und Meyerbeer konnte sein streng klassischer Kompositionsstil nicht standhalten. Umso überraschender ist die Brillanz, Originalität, Eleganz und kompositorische Finesse seiner späten Streichquartette. Das zweite Streichquartett atmet im ersten Satz mit seiner langsamen, zarten Einleitung und seinem frisch vorwärtsstürmenden Hauptteil den Geist des späten Haydn und mittleren Beethoven. Aber auch die Romantik mit Anklängen an Schubert ist nicht fern, so vor allem im zweiten Satz mit seinem melodiös klagenden Hauptthema, seinen häufigen Dur-Moll-Wechseln und dem überraschenden Schluss. Im dritten Satz, dem tänzerischen Scherzo, lässt Mendelssohn-Bartholdys Sommernachtstraum grüßen. Der dramatische Finalsatz schließt mit einer stürmischen Coda.
Giuseppe Verdi hat sein einziges Streichquartett e-Moll, das er 1873 vollendete, untertreibend in der ihm eigenen selbstironischen Art eine „Spielerei“ genannt, die in einigen Wochen während der Proben zur neapolitanischen Erstaufführung der Aida am Teatro San Carlo im Hotelzimmer entstanden sei. Generell war er der Meinung, dass reine Instrumentalmusik „eine „Sache der Deutschen und das Streichquartett eine Pflanze sei, der das italienische Klima nicht bekommt“. Allerdings hat er es meisterlich verstanden, die Tradition des klassisch-romantischen deutschen Streichquartetts aufzugreifen und ebenso elegant wie kunstvoll mit dem Geist der italienischen Oper zu verbinden. Das Ergebnis ist ein abwechslungsreiches, fesselndes Kammermusikwerk. Der erste Satz mit seinen zwei Themengruppen und der nur angedeuteten Durchführung ist in klassischer Manier sorgfältig durchgearbeitet. Die vier Stimmen werden in ständigem Dialog, auch kontrapunktisch, miteinander verwoben. Es folgt ein leicht melancholisches Andantino mit überraschenden harmonischen Wendungen und einem markant konturierten Mittelteil. Der dritte Satz, der die Stelle eines Scherzos einnimmt, hat den Charakter eines Höllentanzes, der im Trioteil durch eine sehr „italienische“, melodiöse Violoncello-Kantilene kontrastiert wird. Das Finale mit der Bezeichnung „Scherzo.Fuga“ ist die große Überraschung des Werks. Es besteht ausschließlich aus einer Fugenstruktur, die stark an die Schlussfuge des „Falstaff“ („Alles ist Spaß auf Erden“) erinnert - ein Kabinettsstück, das in einem musikalischen Taumel endet.
Die Mitglieder des Kammerensembles des Bayerischen Staatsorchesters blicken auf langjährige Engagements beim Bayerischen Staatsorchester zurück und haben vor ihrer Zeit im Staatsopernorchester breite Erfahrungen bei renommierten Symphonie- und Kammerorchestern gewonnen. Darüber hinaus sind sie auch solistisch tätig.
Das Kammerensemble des Bayerischen Staatsorchesters spielt Streichquartette von Puccini, Cherubini und Verdi
Samstag, 17. Februar 2024, 19 Uhr
MVHS Pasing, Bäckerstraße 14
Es gibt Komponisten, die in allen Genres der klassischen Musik zuhause sind, Allrounder gewissermaßen. Mozart ist die ideale Verkörperung dieser Spezies von Tonsetzern. Und es gibt Komponisten, deren Werk sich vorwiegend oder fast ausschließlich auf eine Gattung von Kompositionen beschränkt, etwa Opern. Beispiele für diesen Komponistentyp sind Puccini, Verdi oder, mit Einschränkungen, Cherubini. Umso überraschender und origineller ist oft das Ergebnis, wenn Opernkomponisten, zumal italienische, ihr angestammtes Revier der unmittelbar auf die Sinne einwirkenden Kantilene verlassen und abstrakte Kammermusik schreiben. Das Publikum begegnet dann oft unbekannten und unerwarteten Schätzen.
Das Konzert ist bereits ausverkauft!
Dies gilt auch für das Programm, das die Mitglieder des Kammerensembles des Bayerischen Staatsorchesters,
Michele Torresetti und Immanuel Drißner (Violinen), David Ott (Viola) und Dietrich von Kaltenborn (Violoncello)
am 17. Februar 2024 präsentieren werden:
Giacomo Puccini (1858 – 1924) „Crisantemi“
Luigi Cherubini (1760 – 1842) Streichquartett Nr. 2 C-Dur
Giuseppe Verdi (1813 – 1901) Streichquartett e-Moll
Eintritt 25 €, ermäßigt für Mitglieder 20 €, für Schüler und Studierende bis 30 Jahre 5 €.
Anmeldung unter info@kammermusik-pasing.de
„Crisantemi“ von Giacomo Puccini ist eine innige, zu Herzen gehende Trauermusik aus drei ineinander übergehenden Teilen in getragenem Andante-Tempo. Puccini schrieb sie angeblich in einer Nacht im Gedenken an seinen Freund Herzog Amadeus von Savoyen, der 1890 verstarb. Drei Jahre später verarbeitete er das Hauptmotiv, einen musikalische Klageruf in Form einer chromatisch aufsteigenden Linie, in der Sterbeszene der Oper „Manon Lescaut“. Der Name des Werks bezieht sich auf die Chrysantheme als traditionelle Trauerblume.
Das Streichquartett Nr. 2 C-Dur von Luigi Cherubini entstand 1834 bis 1837. Zu dieser Zeit hatte sich der Komponist, vom zunehmend ausbleibenden Erfolg seiner zahlreichen Opern bitter enttäuscht, der Kirchenmusik und der akademischen Lehrtätigkeit als Professor und später Direktor des Pariser Konservatoriums zugewandt. Der modernen Konkurrenz von Spontini, Rossini und Meyerbeer konnte sein streng klassischer Kompositionsstil nicht standhalten. Umso überraschender ist die Brillanz, Originalität, Eleganz und kompositorische Finesse seiner späten Streichquartette. Das zweite Streichquartett atmet im ersten Satz mit seiner langsamen, zarten Einleitung und seinem frisch vorwärtsstürmenden Hauptteil den Geist des späten Haydn und mittleren Beethoven. Aber auch die Romantik mit Anklängen an Schubert ist nicht fern, so vor allem im zweiten Satz mit seinem melodiös klagenden Hauptthema, seinen häufigen Dur-Moll-Wechseln und dem überraschenden Schluss. Im dritten Satz, dem tänzerischen Scherzo, lässt Mendelssohn-Bartholdys Sommernachtstraum grüßen. Der dramatische Finalsatz schließt mit einer stürmischen Coda.
Giuseppe Verdi hat sein einziges Streichquartett e-Moll, das er 1873 vollendete, untertreibend in der ihm eigenen selbstironischen Art eine „Spielerei“ genannt, die in einigen Wochen während der Proben zur neapolitanischen Erstaufführung der Aida am Teatro San Carlo im Hotelzimmer entstanden sei. Generell war er der Meinung, dass reine Instrumentalmusik „eine „Sache der Deutschen und das Streichquartett eine Pflanze sei, der das italienische Klima nicht bekommt“. Allerdings hat er es meisterlich verstanden, die Tradition des klassisch-romantischen deutschen Streichquartetts aufzugreifen und ebenso elegant wie kunstvoll mit dem Geist der italienischen Oper zu verbinden. Das Ergebnis ist ein abwechslungsreiches, fesselndes Kammermusikwerk. Der erste Satz mit seinen zwei Themengruppen und der nur angedeuteten Durchführung ist in klassischer Manier sorgfältig durchgearbeitet. Die vier Stimmen werden in ständigem Dialog, auch kontrapunktisch, miteinander verwoben. Es folgt ein leicht melancholisches Andantino mit überraschenden harmonischen Wendungen und einem markant konturierten Mittelteil. Der dritte Satz, der die Stelle eines Scherzos einnimmt, hat den Charakter eines Höllentanzes, der im Trioteil durch eine sehr „italienische“, melodiöse Violoncello-Kantilene kontrastiert wird. Das Finale mit der Bezeichnung „Scherzo.Fuga“ ist die große Überraschung des Werks. Es besteht ausschließlich aus einer Fugenstruktur, die stark an die Schlussfuge des „Falstaff“ („Alles ist Spaß auf Erden“) erinnert - ein Kabinettsstück, das in einem musikalischen Taumel endet.
Die Mitglieder des Kammerensembles des Bayerischen Staatsorchesters blicken auf langjährige Engagements beim Bayerischen Staatsorchester zurück und haben vor ihrer Zeit im Staatsopernorchester breite Erfahrungen bei renommierten Symphonie- und Kammerorchestern gewonnen. Darüber hinaus sind sie auch solistisch tätig.
Liederabend mit Vertonungen von Gedichten Heinrich Heines
Heinrich Heine (1797 – 1856) war um 1830 einer der bekanntesten Dichter Europas. Mit seiner im Volkston gehaltenen, sehnsuchtsvoll-träumerischen, von Liebe, Leid und Tod handelnden Lyrik inspirierte er zahllose Komponisten, darunter Schubert, Schumann, Mendelssohn-Bartholdy und Brahms, zu ihren schönsten Liedkompositionen. Das Programm des Liederabends spannt einen weiten Bogen von der musikalischen Frühromantik bis zur Spätromantik. Es enthält Liedvertonungen nach Heine, die weithin bekannt sind wie den Liederkreis op. 24 von Robert Schumann und Heine-Lieder von Franz Schubert, aber auch eher unbekannte Heine-Vertonungen von Franz Liszt und Hugo Wolf.
Der Liederabend ist bereits ausverkauft
Wir sind froh und dankbar, dass nach der krankheitsbedingten Absage von Natalya Boeva der junge und gefragte Bariton Gerrit Illenberger eingesprungen ist und den Liederabend gestaltet, begleitet vom international bekannten Gerold Huber am Klavier.
Karten nur an der Abendkasse.
Eintritt 25 €, ermäßigt für Mitglieder 20 €, für Schüler und Studierende bis 30 Jahre 5 €.
Anmeldung unter info@kammermusik-pasing.de
In Günter Metzners ab 1989 erschienener Bibliographie „Heine in der Musik“ ist akribisch aufgelistet, dass Heinrich Heines Werke im Jahr 1884 - knapp 30 Jahre nach dem Tod des Dichters – 1093 Mal von 538 Komponisten vertont wurden. Nach Theodor W. Adorno ist die Geschichte des deutschen Kunstlieds ohne Heine undenkbar. Was inspirierte so viele Musikschaffende, darunter die besten und bekanntesten Komponisten der deutschen Romantik, über Jahrzehnte hinweg dazu, die Gedichte Heines zu vertonen? Der Dichter hat mit den Themen, Motiven, Bildern und Symbolen und nicht zuletzt mit dem volksliedhaften Ton seiner Lyrik den Nerv der Zeit getroffen. Seine Gedichte beschwören die Abkehr vom Rationalen und Hinwendung zum Übersinnlichen, Geheimnisvollen, zur Natur. Sie verkörpern Weltflucht, den Rückzug aus der Komplexität der gesellschaftlichen Verhältnisse in Traumwelten, in die Vergangenheit und in die Welt der Märchen. Und sie beschreiben eindrucksvoll extreme Gefühlszustände wie Sehnsucht nach Liebe und Tod, Trauer und verzweifelte Hoffnung. Sie sind gesprochene Musik. Nicht ohne Grund hat Heine seinen ersten großen Gedichtband „Buch der Lieder“ genannt.
Dabei darf nicht vergessen werden, dass der promovierte Jurist Heine auch ein politischer Dichter war, der wegen seiner jüdischen Herkunft und seines Eintretens für Demokratie, Freiheit und soziale Gerechtigkeit angefeindet, vom preußischen Staat mit Zensur belegt und schließlich in die Emigration nach Paris getrieben wurde. Er selbst bezeichnete sich als entlaufenen Romantiker.
Der Liederkreis op. 24 von Robert Schumann (1810 – 1856) entstand 1840, einige Monate vor der Hochzeit des Komponisten mit Clara Wieck, als eine Art musikalischer und biographischer Befreiungsakt. Nach der Weigerung des Vaters der Geliebten, der Ehe seiner minderjährigen Tochter mit dem Komponisten zuzustimmen, mussten die heimlich Verlobten beim Gericht in Leipzig die amtliche Genehmigung der Eheschließung erstreiten. In dieser dramatischen Situation zwischen Bangen und Hoffen fand Schumann in einem aus neun Gedichten bestehenden Zyklus aus Heines „Buch der Lieder“ die ideale lyrische Ausdrucksform für seinen Gemütszustand. Nachdem er zuvor fast ausschließlich Werke für Klavier geschrieben hatte, jubelte er nun in einem Brief an seine Verlobte: „Ach Clara, was das für eine Seligkeit ist, für Gesang zu schreiben; die hatte ich lang entbehrt“. Der Liederkreis op. 24 eröffnet eine wahre Flut von Liedkompositionen, und 1840 wurde für den Komponisten das „Jahr der Lieder“.
Diemehr als 80 Liedkompositionen von Franz Liszt (1811 – 1886) gehören zu den vom Musikbetrieb zu Unrecht weitgehend unbeachtet gebliebenen Werken des als Komponist höchst originellen, zukunftsweisenden und experimentierfreudigen pianistischen Superstars des 19. Jahrhunderts. Liszt war mit Heine gut, wenn auch nicht immer spannungsfrei befreundet. Die in das Programm des Liederabends aufgenommenen vier Lieder entstanden Anfang der 1840er Jahre. Liszt folgt nicht der romantischen Tradition der psychologisierenden introvertierten Nachzeichnung des lyrischen Ichs durch die Singstimme. Vielmehr entwickelt er die Stimmungen der vertonten Gedichte aus dem Klaviersatz. Er arbeitet die Spannung und Dramatik der lyrischen Vorlage mit großen dynamischen Extremen und Steigerungen heraus. Dabei betritt er stilistisches Neuland mit tonmalerischen Wechseln der musikalischen Stimmungen, kühnen Harmonien und abwechslungsreiche Rhythmen. In seiner Vertonung des Loreley-Lieds, die so gar nichts mit der schlichten, volksliedhaften Komposition Friedrich Silchers zu tun hat, klingt unverkennbar Wagners Tristan-Harmonik an.
In den letzten Monaten vor dem Tod von Franz Schubert (1797 – 1828) entstand sein Liederzyklus „Schwanengesang“, der erst ein Jahr nach seinem Tod zusammengestellt und herausgegeben wurde. Es handelt sich streng genommen nicht um einen Zyklus, sondern um eine Sammlung von dreizehn Liedern ohne einen thematischen „roten Faden“ nach Gedichten von Ludwig Rellstab und Heinrich Heine, denen der abergläubische Herausgeber die „Taubenpost“ nach Johann Gabriel Seidl hinzufügte. Die sechs Heine-Lieder des Zyklus sind - bis auf das erinnerungsselige „Das Fischermädchen“ und den trotzigen Ausbruch in „Der Atlas“ - abgrundtief-verzweifelte und trostlose Ausblicke ins Nichts. Das Lied „Der Doppelgänger“ ist ein schauerlicher Zwilling des Schlusslieds des Winterreise-Zyklus „Der Leiermann“.
Die Heine-Lieder von Hugo Wolf (1860 – 1903) entstanden fast durchweg in seiner frühen Schaffensperiode. Der Komponist war ab 1875 Mitschüler Gustav Mahlers am Wiener Konservatorium und wurde zwei Jahre später wegen einer gegen ihn gesponnenen Intrige entlassen. Nach einer dreimonatigen Anstellung als Hilfskapellmeister am Salzburger Stadttheater war er ab 1884 Musikkritiker der Boulevardzeitung „Wiener Salonblatt“ und ab 1887 als freier Komponist tätig. Er litt zeit seines Lebens unter bitterer Armut und lebte fast ausschließlich von der Unterstützung durch Freunde und Förderer. Gleichwohl pflegte er das Image des kompromisslosen und genialen romantischen Künstlers. Nahezu sein gesamtes kompositorisches Schaffen widmete Wolf der Gattung des Lieds, vornehmlich Vertonungen von Gedichten Mörikes, Eichendorffs, Heyses und Goethes. Sein Kompositionsstil war lange Zeit geprägt von seiner glühenden Bewunderung für Richard Wagner, den er an harmonischer Kühnheit oft übertraf. Später fand er zu einem freieren, rhapsodischen Stil, der die Klangsprache der Spätromantik hinter sich ließ. Ein großer, verkannter Meister seines Fachs, der viel zu früh an einer Syphiliserkrankung qualvoll verstarb.
Der in Heidenheim geborene Bariton Gerrit Illenberger ist seit der Spielzeit 2023/24 als Solist im Jungen Ensemble der Semperoper Dresden engagiert. Jüngst gab er bei den Opernfestspielen Heidenheim sein Debüt als Rodrigo (»Don Carlo«). Zuvor war er unter Kirill Petrenko im Festspielhaus Baden-Baden und in der Berliner Philharmonie in »Die Frau ohne Schatten« zu erleben und gastierte als Reinmar (»Tannhäuser«) am Teatro di Modena sowie als Conte d’Almaviva (»Le nozze di Figaro«) im Cuvillés-Theater München. Er erhielt seine sängerische Ausbildung unter anderem in der Liedklasse von Christian Gerhaher an der Musikhochschule München und gewann renommierte Preise und Stipendien, beispielsweise beim August Everding Musikwettbewerb 2022. Bevor er sich in vollem Umfang der Musik widmete, absolvierte er ein Bachelorstudium der Ingenieurwissenschaften und ein Masterstudium der Luft- und Raumfahrt an der Technischen Universität München.
Geboren in Straubing studierte Gerold Huber als Stipendiat an der Hochschule für Musik in München Klavier bei Friedemann Berger und besuchte die Liedklasse von Dietrich Fischer-Dieskau in Berlin. 1998 erhielt er gemeinsam mit dem Bariton Christian Gerhaher, mit dem er bereits seit Schülertagen ein festes Lied-Duo bildet, den Prix International Pro Musicis in Paris/New York, gefolgt von vielen weiteren Preisen, darunter der Gramophone Award, zweimal der Echo Klassik Preis in der Kategorie Liedgestaltung und zuletzt 2023 den Robert-Schumann-Preis. Gerold Huber ist einer der international gefragtesten Liedbegleiter, der auf den renommierten Festivals Europas und in den bekanntesten Konzerthäusern diesseits und jenseits des Atlantiks zuhause ist.
Heinrich Heine (1797 – 1856) war um 1830 einer der bekanntesten Dichter Europas. Mit seiner im Volkston gehaltenen, sehnsuchtsvoll-träumerischen, von Liebe, Leid und Tod handelnden Lyrik inspirierte er zahllose Komponisten, darunter Schubert, Schumann, Mendelssohn-Bartholdy und Brahms, zu ihren schönsten Liedkompositionen. Das Programm des Liederabends spannt einen weiten Bogen von der musikalischen Frühromantik bis zur Spätromantik. Es enthält Liedvertonungen nach Heine, die weithin bekannt sind wie den Liederkreis op. 24 von Robert Schumann und Heine-Lieder von Franz Schubert, aber auch eher unbekannte Heine-Vertonungen von Franz Liszt und Hugo Wolf.
Der Liederabend ist bereits ausverkauft
Wir sind froh und dankbar, dass nach der krankheitsbedingten Absage von Natalya Boeva der junge und gefragte Bariton Gerrit Illenberger eingesprungen ist und den Liederabend gestaltet, begleitet vom international bekannten Gerold Huber am Klavier.
Karten nur an der Abendkasse.
Eintritt 25 €, ermäßigt für Mitglieder 20 €, für Schüler und Studierende bis 30 Jahre 5 €.
Anmeldung unter info@kammermusik-pasing.de
In Günter Metzners ab 1989 erschienener Bibliographie „Heine in der Musik“ ist akribisch aufgelistet, dass Heinrich Heines Werke im Jahr 1884 - knapp 30 Jahre nach dem Tod des Dichters – 1093 Mal von 538 Komponisten vertont wurden. Nach Theodor W. Adorno ist die Geschichte des deutschen Kunstlieds ohne Heine undenkbar. Was inspirierte so viele Musikschaffende, darunter die besten und bekanntesten Komponisten der deutschen Romantik, über Jahrzehnte hinweg dazu, die Gedichte Heines zu vertonen? Der Dichter hat mit den Themen, Motiven, Bildern und Symbolen und nicht zuletzt mit dem volksliedhaften Ton seiner Lyrik den Nerv der Zeit getroffen. Seine Gedichte beschwören die Abkehr vom Rationalen und Hinwendung zum Übersinnlichen, Geheimnisvollen, zur Natur. Sie verkörpern Weltflucht, den Rückzug aus der Komplexität der gesellschaftlichen Verhältnisse in Traumwelten, in die Vergangenheit und in die Welt der Märchen. Und sie beschreiben eindrucksvoll extreme Gefühlszustände wie Sehnsucht nach Liebe und Tod, Trauer und verzweifelte Hoffnung. Sie sind gesprochene Musik. Nicht ohne Grund hat Heine seinen ersten großen Gedichtband „Buch der Lieder“ genannt.
Dabei darf nicht vergessen werden, dass der promovierte Jurist Heine auch ein politischer Dichter war, der wegen seiner jüdischen Herkunft und seines Eintretens für Demokratie, Freiheit und soziale Gerechtigkeit angefeindet, vom preußischen Staat mit Zensur belegt und schließlich in die Emigration nach Paris getrieben wurde. Er selbst bezeichnete sich als entlaufenen Romantiker.
Der Liederkreis op. 24 von Robert Schumann (1810 – 1856) entstand 1840, einige Monate vor der Hochzeit des Komponisten mit Clara Wieck, als eine Art musikalischer und biographischer Befreiungsakt. Nach der Weigerung des Vaters der Geliebten, der Ehe seiner minderjährigen Tochter mit dem Komponisten zuzustimmen, mussten die heimlich Verlobten beim Gericht in Leipzig die amtliche Genehmigung der Eheschließung erstreiten. In dieser dramatischen Situation zwischen Bangen und Hoffen fand Schumann in einem aus neun Gedichten bestehenden Zyklus aus Heines „Buch der Lieder“ die ideale lyrische Ausdrucksform für seinen Gemütszustand. Nachdem er zuvor fast ausschließlich Werke für Klavier geschrieben hatte, jubelte er nun in einem Brief an seine Verlobte: „Ach Clara, was das für eine Seligkeit ist, für Gesang zu schreiben; die hatte ich lang entbehrt“. Der Liederkreis op. 24 eröffnet eine wahre Flut von Liedkompositionen, und 1840 wurde für den Komponisten das „Jahr der Lieder“.
Diemehr als 80 Liedkompositionen von Franz Liszt (1811 – 1886) gehören zu den vom Musikbetrieb zu Unrecht weitgehend unbeachtet gebliebenen Werken des als Komponist höchst originellen, zukunftsweisenden und experimentierfreudigen pianistischen Superstars des 19. Jahrhunderts. Liszt war mit Heine gut, wenn auch nicht immer spannungsfrei befreundet. Die in das Programm des Liederabends aufgenommenen vier Lieder entstanden Anfang der 1840er Jahre. Liszt folgt nicht der romantischen Tradition der psychologisierenden introvertierten Nachzeichnung des lyrischen Ichs durch die Singstimme. Vielmehr entwickelt er die Stimmungen der vertonten Gedichte aus dem Klaviersatz. Er arbeitet die Spannung und Dramatik der lyrischen Vorlage mit großen dynamischen Extremen und Steigerungen heraus. Dabei betritt er stilistisches Neuland mit tonmalerischen Wechseln der musikalischen Stimmungen, kühnen Harmonien und abwechslungsreiche Rhythmen. In seiner Vertonung des Loreley-Lieds, die so gar nichts mit der schlichten, volksliedhaften Komposition Friedrich Silchers zu tun hat, klingt unverkennbar Wagners Tristan-Harmonik an.
In den letzten Monaten vor dem Tod von Franz Schubert (1797 – 1828) entstand sein Liederzyklus „Schwanengesang“, der erst ein Jahr nach seinem Tod zusammengestellt und herausgegeben wurde. Es handelt sich streng genommen nicht um einen Zyklus, sondern um eine Sammlung von dreizehn Liedern ohne einen thematischen „roten Faden“ nach Gedichten von Ludwig Rellstab und Heinrich Heine, denen der abergläubische Herausgeber die „Taubenpost“ nach Johann Gabriel Seidl hinzufügte. Die sechs Heine-Lieder des Zyklus sind - bis auf das erinnerungsselige „Das Fischermädchen“ und den trotzigen Ausbruch in „Der Atlas“ - abgrundtief-verzweifelte und trostlose Ausblicke ins Nichts. Das Lied „Der Doppelgänger“ ist ein schauerlicher Zwilling des Schlusslieds des Winterreise-Zyklus „Der Leiermann“.
Die Heine-Lieder von Hugo Wolf (1860 – 1903) entstanden fast durchweg in seiner frühen Schaffensperiode. Der Komponist war ab 1875 Mitschüler Gustav Mahlers am Wiener Konservatorium und wurde zwei Jahre später wegen einer gegen ihn gesponnenen Intrige entlassen. Nach einer dreimonatigen Anstellung als Hilfskapellmeister am Salzburger Stadttheater war er ab 1884 Musikkritiker der Boulevardzeitung „Wiener Salonblatt“ und ab 1887 als freier Komponist tätig. Er litt zeit seines Lebens unter bitterer Armut und lebte fast ausschließlich von der Unterstützung durch Freunde und Förderer. Gleichwohl pflegte er das Image des kompromisslosen und genialen romantischen Künstlers. Nahezu sein gesamtes kompositorisches Schaffen widmete Wolf der Gattung des Lieds, vornehmlich Vertonungen von Gedichten Mörikes, Eichendorffs, Heyses und Goethes. Sein Kompositionsstil war lange Zeit geprägt von seiner glühenden Bewunderung für Richard Wagner, den er an harmonischer Kühnheit oft übertraf. Später fand er zu einem freieren, rhapsodischen Stil, der die Klangsprache der Spätromantik hinter sich ließ. Ein großer, verkannter Meister seines Fachs, der viel zu früh an einer Syphiliserkrankung qualvoll verstarb.
Der in Heidenheim geborene Bariton Gerrit Illenberger ist seit der Spielzeit 2023/24 als Solist im Jungen Ensemble der Semperoper Dresden engagiert. Jüngst gab er bei den Opernfestspielen Heidenheim sein Debüt als Rodrigo (»Don Carlo«). Zuvor war er unter Kirill Petrenko im Festspielhaus Baden-Baden und in der Berliner Philharmonie in »Die Frau ohne Schatten« zu erleben und gastierte als Reinmar (»Tannhäuser«) am Teatro di Modena sowie als Conte d’Almaviva (»Le nozze di Figaro«) im Cuvillés-Theater München. Er erhielt seine sängerische Ausbildung unter anderem in der Liedklasse von Christian Gerhaher an der Musikhochschule München und gewann renommierte Preise und Stipendien, beispielsweise beim August Everding Musikwettbewerb 2022. Bevor er sich in vollem Umfang der Musik widmete, absolvierte er ein Bachelorstudium der Ingenieurwissenschaften und ein Masterstudium der Luft- und Raumfahrt an der Technischen Universität München.
Geboren in Straubing studierte Gerold Huber als Stipendiat an der Hochschule für Musik in München Klavier bei Friedemann Berger und besuchte die Liedklasse von Dietrich Fischer-Dieskau in Berlin. 1998 erhielt er gemeinsam mit dem Bariton Christian Gerhaher, mit dem er bereits seit Schülertagen ein festes Lied-Duo bildet, den Prix International Pro Musicis in Paris/New York, gefolgt von vielen weiteren Preisen, darunter der Gramophone Award, zweimal der Echo Klassik Preis in der Kategorie Liedgestaltung und zuletzt 2023 den Robert-Schumann-Preis. Gerold Huber ist einer der international gefragtesten Liedbegleiter, der auf den renommierten Festivals Europas und in den bekanntesten Konzerthäusern diesseits und jenseits des Atlantiks zuhause ist.
Vom Dunkel ins Licht – Duo Matschke Kakutia
Die bekannte und vielseitige Geigerin Anna Kakutia und ihre ebenso engagierte Duo-Partnerin Marita Matschke (Klavier) haben ein Programm zusammengestellt, das die Hörerinnen und Hörer aus der dunklen Jahreszeit herausführt in die hellen, warmen Frühlings- und Sommermonate. Auf die Violinsonate c-Moll BWV 1017 von Johann Sebastian Bach, die Stilelemente der Passionsmusiken des Komponisten vorwegnimmt, folgt die selten gespielte Suite op. 79d von Max Reger, in der ein gefühlvolles Wiegenlied mit zwei kapriziös-burlesken Folgesätzen zusammengespannt ist. Nach dem tänzerischen Rondo A-Dur D 438 von Franz Schubert beschließen zwei musikalische Schwergewichte den Konzertabend: die Sonate G-Dur KV 301 von Wolfgang Amadeus Mozart und die Sonate F-Dur op. 24 „Frühlingssonate“ von Ludwig van Beethoven.
Eintritt 25 €, ermäßigt für Mitglieder 20 €, für Schüler und Studierende bis 30 Jahre 5 €.
Anmeldung unter info@kammermusik-pasing.de
Die Sonate für Violine und obligates Cembalo BWV 1017 von Johann Sebastian Bach (1685 – 1750) ist Teil eines zwischen 1717 und 1724 entstandenen Zyklus von sechs Violinsonaten. Es ist sein bedeutendster Kammermusikzyklus, der einen entscheidenden Wendepunkt in der Entwicklung der Violinsonate markiert. Es handelt sich um eine verkappte Triosonate, bei der die zweite Oberstimme über der Bassstimme in die rechte Hand des Cembaloparts gewandert ist. Gerade diese Verschiebung ermöglicht die Herausbildung der Violinstimme als einziges, gleichberechtigtes Soloinstrument gegenüber dem Cembalo. Bach hat diese Möglichkeit innovativ ausgenutzt, und so sind die sechs Sonaten die ersten in der Musikgeschichte, bei denen die Violine dem Tasteninstrument „auf Augenhöhe“ gegenübertritt. Im musikalischen Ausdruck entspricht vor allem die Sonate BWV 1017 in seiner Ausdruckskraft und seiner solistischen Stimmführung dem sogenannten italienischen Stil. Der erste Satz ist ein „Siciliano“ – eine aus Sizilien stammende Kompositionsform mit sanfter Melodik und wiegendem Rhythmus. Der schmerzlich-süße Gestus dieses Satzes verweist deutlich auf die wenig später komponierte “Erbarme-Dich“-Arie aus der Matthäuspassion. Auch der langsame dritte Satz atmet eine nachdenkliche Trauer, wie sie im Bass-Arioso „Betrachte, meine Seel“ aus der Johannespassion zum Ausdruck kommt. Diese langsamen Sätze rahmen eine dreistimmige Fuge ein, die zu den kunstvollsten Fugen Bachs gehört. Ein schwungvolles Allegro beendet dieses großartige Werk.
Die Suite op. 79d von Max Reger (1873 – 1916), entstanden zwischen 1902 und 1904, besteht aus drei klanglich sehr reizvollen, kurzen Charakterstudien aus Regers früher Schaffenszeit. Im ersten Satz „Wiegenlied“ greift der Komponist auf die Stilelemente des barocken Siciliano zurück. Der Mittelsatz „Capriccio“ ist eine romantisch-melodiöse Studie mit einer dramatischen finalen Steigerung. Den Schluss der Suite bildet die übermütige, tänzerische „Burla“ - eine äußerst vergnügliche, rhythmusbetonte Burleske.
Franz Schubert (1797 – 1828) hat mit seinem 1816 entstandenen Rondo für Violine und Streicher D 438 ein ausgesprochen populäres, eingängiges Werk geschaffen, das jedoch zu seinen Lebzeiten unveröffentlicht blieb und erst 1897 veröffentlicht wurde. Das Duo Matschke Kakutia spielt das Werk in einer Bearbeitung für Violine und Klavier. Nach einer langsamen Einleitung in Haydn'scher Manier beginnt das eigentliche Rondo mit seinem ausgesprochen tänzerischen, schwungvollen Thema, das stilistisch sehr an die „Unterhaltungsmusik“ Mozarts - Tänze. Serenaden, Divertimenti - erinnert.
Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791) nannte den Zyklus von sechs Violinsonaten KV 301 – 306 sein „Opus 1“. Er war offenbar sehr zufrieden mit diesen Kompositionen. Der Zyklus entstand in einer seiner glücklichsten Lebensphasen während seiner Reise nach Mannheim an den kurpfälzischen Hof und anschließend nach Paris, die er - ohne den immerwährend gängelnden Vater Leopold - von Oktober 1777 bis Sommer 1778 unternahm. Überdies lernte er in Mannheim seine erste große Liebe Aloysia Weber kennen, die Schwester seiner späteren Frau Constanze. Reclams Kammermusikführer charakterisiert diese Sonaten zu recht als „ungemein farbig, phantasievoll und voller sprühender Spielfreude“. Mozart gab diesen Sonaten zwar den traditionellen Titel „Sonaten für Cembalo oder Klavier mit Violinbegleitung“. Aber er bezeichnete sie doch auch als Klavierduette mit Violine und hob damit die gleichberechtigte Partnerschaft beider Instrumente hervor. Im ersten Satz des zweisätzigen Werks stellt die Violine das Hauptthema vor, das vom Klavier wiederholt wird. Es folgt ein von Ideenreichtum sprühender Kranz von Nebenthemen, die kunstvoll variiert werden und schließlich in eine Reprise münden. Besonders reizvoll ist der nach Art eines Menuetts gestaltete zweite Satz mit einem elegischen Mittelteil. Ein Werk, das pure Lebensfreude verströmt.
Die Violinsonate Nr. 5 op. 24 von Ludwig van Beethoven (1770 – 1827) entstand 1800/1801. Sie ist neben der Sonate Nr. 9 op. 47 „Kreutzersonate“ die wohl bekannteste unter den zehn Violinsonaten Beethovens. Beethoven nannte seine Violinsonaten „Sonaten für Pianoforte und Violine“ und folgte damit - wie Mozart - der traditionellen Bezeichnung, die der nach der Barockzeit einsetzenden historischen Entwicklung als Klaviersonate mit Violinbegleitung entsprach. Mit der heiteren „Frühlingssonate“ op. 24 vollzog der Komponist allerdings eine Hinwendung zum von ihm so bezeichneten „neuen Stil“, der sich an der symphonischen Form orientiert. Das zeigt sich beispielsweise an der erstmals verwendeten Viersätzigkeit, im vergleichsweise breit angelegten Aufbau der Ecksätze und in der ausdifferenzierten thematischen Verarbeitung in Durchführung und Reprise.
Die 1979 in Tiflis/Georgien geborene Violinistin Anna Kakutia studierte ab 1997 am Konservatorium ihrer Geburtsstadt und ab 1998 an der Musikhochschule München in der Klasse von Professor Ernö Sebestyén. 2005 schloss Anna Kakutia ihr Studium mit dem Meisterklassendiplom ab. Noch zu Studienzeiten in Tiflis zeichnete die georgische Regierung Anna Kakutia mit einem Stipendium aus, zudem wurde sie Mitglied des Staatlichen Kammerorchesters von Georgien. Im nationalen Musikwettbewerb zählte sie zu den Preisträgern. Sie war die erste von der Friedrich-Naumann-Stiftung geförderte Musikerin und erhielt 2021 ein Stipendium des Deutschen Musikfonds. Nachhaltige Eindrücke sammelte Anna Kakutia als Mitglied des Akademieorchesters des Luzern Festivals unter Leitung von Pierre Boulez. Neben klassischen Werken setzt sie sich für zeitgenössische Musik ein und arbeitet mit renommierten Komponisten zusammen. Neben zahlreichen Rundfunkaufnahmen erschienen 2017 und 2022 CD-Einspielungen beim Label NEOS und bei der Sheva Classic Collection INEDITA.
https://www.annakakutia.com/ueber-die-geigerin/
Die Pianistin Marita Matschke studierte an der Münchner Musikhochschule bei Ludwig Hoffmann, Margarita Höhenrieder und Ayami Ikeba und schloss mit dem künstlerischen Diplom ab. Es folgten Aufbaustudien in Augsburg und Graz sowie zahlreiche Meisterkurse. Beim internationalen Klavierwettbewerb in Finale Ligure/ Italien wurde sie als jüngste Finalistin mit der Goldmedaille ausgezeichnet und erhielt den Siegfried-Gschwilm-Preis Augsburg. Sie war Stipendiatin der Yehudi-Menuhin-Förderung „live music now". Sie gibt Klavierabende, tritt als Solistin mit Orchester auf und spielt in verschiedenen Kammermusikformationen. An der Hochschule für Musik und Theater in Stuttgart war Marita Matschke Lehrbeauftragte für Opernkorrepetition. Beim Bayerischen Rundfunk hat sie mehrere Aufnahmen eingespielt.
Die bekannte und vielseitige Geigerin Anna Kakutia und ihre ebenso engagierte Duo-Partnerin Marita Matschke (Klavier) haben ein Programm zusammengestellt, das die Hörerinnen und Hörer aus der dunklen Jahreszeit herausführt in die hellen, warmen Frühlings- und Sommermonate. Auf die Violinsonate c-Moll BWV 1017 von Johann Sebastian Bach, die Stilelemente der Passionsmusiken des Komponisten vorwegnimmt, folgt die selten gespielte Suite op. 79d von Max Reger, in der ein gefühlvolles Wiegenlied mit zwei kapriziös-burlesken Folgesätzen zusammengespannt ist. Nach dem tänzerischen Rondo A-Dur D 438 von Franz Schubert beschließen zwei musikalische Schwergewichte den Konzertabend: die Sonate G-Dur KV 301 von Wolfgang Amadeus Mozart und die Sonate F-Dur op. 24 „Frühlingssonate“ von Ludwig van Beethoven.
Eintritt 25 €, ermäßigt für Mitglieder 20 €, für Schüler und Studierende bis 30 Jahre 5 €.
Anmeldung unter info@kammermusik-pasing.de
Die Sonate für Violine und obligates Cembalo BWV 1017 von Johann Sebastian Bach (1685 – 1750) ist Teil eines zwischen 1717 und 1724 entstandenen Zyklus von sechs Violinsonaten. Es ist sein bedeutendster Kammermusikzyklus, der einen entscheidenden Wendepunkt in der Entwicklung der Violinsonate markiert. Es handelt sich um eine verkappte Triosonate, bei der die zweite Oberstimme über der Bassstimme in die rechte Hand des Cembaloparts gewandert ist. Gerade diese Verschiebung ermöglicht die Herausbildung der Violinstimme als einziges, gleichberechtigtes Soloinstrument gegenüber dem Cembalo. Bach hat diese Möglichkeit innovativ ausgenutzt, und so sind die sechs Sonaten die ersten in der Musikgeschichte, bei denen die Violine dem Tasteninstrument „auf Augenhöhe“ gegenübertritt. Im musikalischen Ausdruck entspricht vor allem die Sonate BWV 1017 in seiner Ausdruckskraft und seiner solistischen Stimmführung dem sogenannten italienischen Stil. Der erste Satz ist ein „Siciliano“ – eine aus Sizilien stammende Kompositionsform mit sanfter Melodik und wiegendem Rhythmus. Der schmerzlich-süße Gestus dieses Satzes verweist deutlich auf die wenig später komponierte “Erbarme-Dich“-Arie aus der Matthäuspassion. Auch der langsame dritte Satz atmet eine nachdenkliche Trauer, wie sie im Bass-Arioso „Betrachte, meine Seel“ aus der Johannespassion zum Ausdruck kommt. Diese langsamen Sätze rahmen eine dreistimmige Fuge ein, die zu den kunstvollsten Fugen Bachs gehört. Ein schwungvolles Allegro beendet dieses großartige Werk.
Die Suite op. 79d von Max Reger (1873 – 1916), entstanden zwischen 1902 und 1904, besteht aus drei klanglich sehr reizvollen, kurzen Charakterstudien aus Regers früher Schaffenszeit. Im ersten Satz „Wiegenlied“ greift der Komponist auf die Stilelemente des barocken Siciliano zurück. Der Mittelsatz „Capriccio“ ist eine romantisch-melodiöse Studie mit einer dramatischen finalen Steigerung. Den Schluss der Suite bildet die übermütige, tänzerische „Burla“ - eine äußerst vergnügliche, rhythmusbetonte Burleske.
Franz Schubert (1797 – 1828) hat mit seinem 1816 entstandenen Rondo für Violine und Streicher D 438 ein ausgesprochen populäres, eingängiges Werk geschaffen, das jedoch zu seinen Lebzeiten unveröffentlicht blieb und erst 1897 veröffentlicht wurde. Das Duo Matschke Kakutia spielt das Werk in einer Bearbeitung für Violine und Klavier. Nach einer langsamen Einleitung in Haydn'scher Manier beginnt das eigentliche Rondo mit seinem ausgesprochen tänzerischen, schwungvollen Thema, das stilistisch sehr an die „Unterhaltungsmusik“ Mozarts - Tänze. Serenaden, Divertimenti - erinnert.
Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791) nannte den Zyklus von sechs Violinsonaten KV 301 – 306 sein „Opus 1“. Er war offenbar sehr zufrieden mit diesen Kompositionen. Der Zyklus entstand in einer seiner glücklichsten Lebensphasen während seiner Reise nach Mannheim an den kurpfälzischen Hof und anschließend nach Paris, die er - ohne den immerwährend gängelnden Vater Leopold - von Oktober 1777 bis Sommer 1778 unternahm. Überdies lernte er in Mannheim seine erste große Liebe Aloysia Weber kennen, die Schwester seiner späteren Frau Constanze. Reclams Kammermusikführer charakterisiert diese Sonaten zu recht als „ungemein farbig, phantasievoll und voller sprühender Spielfreude“. Mozart gab diesen Sonaten zwar den traditionellen Titel „Sonaten für Cembalo oder Klavier mit Violinbegleitung“. Aber er bezeichnete sie doch auch als Klavierduette mit Violine und hob damit die gleichberechtigte Partnerschaft beider Instrumente hervor. Im ersten Satz des zweisätzigen Werks stellt die Violine das Hauptthema vor, das vom Klavier wiederholt wird. Es folgt ein von Ideenreichtum sprühender Kranz von Nebenthemen, die kunstvoll variiert werden und schließlich in eine Reprise münden. Besonders reizvoll ist der nach Art eines Menuetts gestaltete zweite Satz mit einem elegischen Mittelteil. Ein Werk, das pure Lebensfreude verströmt.
Die Violinsonate Nr. 5 op. 24 von Ludwig van Beethoven (1770 – 1827) entstand 1800/1801. Sie ist neben der Sonate Nr. 9 op. 47 „Kreutzersonate“ die wohl bekannteste unter den zehn Violinsonaten Beethovens. Beethoven nannte seine Violinsonaten „Sonaten für Pianoforte und Violine“ und folgte damit - wie Mozart - der traditionellen Bezeichnung, die der nach der Barockzeit einsetzenden historischen Entwicklung als Klaviersonate mit Violinbegleitung entsprach. Mit der heiteren „Frühlingssonate“ op. 24 vollzog der Komponist allerdings eine Hinwendung zum von ihm so bezeichneten „neuen Stil“, der sich an der symphonischen Form orientiert. Das zeigt sich beispielsweise an der erstmals verwendeten Viersätzigkeit, im vergleichsweise breit angelegten Aufbau der Ecksätze und in der ausdifferenzierten thematischen Verarbeitung in Durchführung und Reprise.
Die 1979 in Tiflis/Georgien geborene Violinistin Anna Kakutia studierte ab 1997 am Konservatorium ihrer Geburtsstadt und ab 1998 an der Musikhochschule München in der Klasse von Professor Ernö Sebestyén. 2005 schloss Anna Kakutia ihr Studium mit dem Meisterklassendiplom ab. Noch zu Studienzeiten in Tiflis zeichnete die georgische Regierung Anna Kakutia mit einem Stipendium aus, zudem wurde sie Mitglied des Staatlichen Kammerorchesters von Georgien. Im nationalen Musikwettbewerb zählte sie zu den Preisträgern. Sie war die erste von der Friedrich-Naumann-Stiftung geförderte Musikerin und erhielt 2021 ein Stipendium des Deutschen Musikfonds. Nachhaltige Eindrücke sammelte Anna Kakutia als Mitglied des Akademieorchesters des Luzern Festivals unter Leitung von Pierre Boulez. Neben klassischen Werken setzt sie sich für zeitgenössische Musik ein und arbeitet mit renommierten Komponisten zusammen. Neben zahlreichen Rundfunkaufnahmen erschienen 2017 und 2022 CD-Einspielungen beim Label NEOS und bei der Sheva Classic Collection INEDITA.
https://www.annakakutia.com/ueber-die-geigerin/
Die Pianistin Marita Matschke studierte an der Münchner Musikhochschule bei Ludwig Hoffmann, Margarita Höhenrieder und Ayami Ikeba und schloss mit dem künstlerischen Diplom ab. Es folgten Aufbaustudien in Augsburg und Graz sowie zahlreiche Meisterkurse. Beim internationalen Klavierwettbewerb in Finale Ligure/ Italien wurde sie als jüngste Finalistin mit der Goldmedaille ausgezeichnet und erhielt den Siegfried-Gschwilm-Preis Augsburg. Sie war Stipendiatin der Yehudi-Menuhin-Förderung „live music now". Sie gibt Klavierabende, tritt als Solistin mit Orchester auf und spielt in verschiedenen Kammermusikformationen. An der Hochschule für Musik und Theater in Stuttgart war Marita Matschke Lehrbeauftragte für Opernkorrepetition. Beim Bayerischen Rundfunk hat sie mehrere Aufnahmen eingespielt.
Ensemble Isura
Das Ensemble Isura spielt das Klavierquintett op. 44 von Robert Schumann und das Klavierquartett op. 25 von Johannes Brahms
Kammermusik für Klavierquartett, also Klavier und Streichtrio, gab es schon in der Vorklassik und Klassik, z. B. die Klavierquartette von Beethoven und Mozart. Bei den Klavierquintetten mit der Besetzung Klavier und Streichquartett sieht es dagegen anders aus. Hier haben nur Louis Ferdinand Prinz von Preussen und Boccherini kompositorische Spuren hinterlassen, dazu Schubert mit dem „Forellenquintett“. Die große Zeit des Klavierquintetts begann erst in der späteren Romantik, genau genommen am 8. Januar 1843, als im Leipziger Gewandhaus das Klavierquintett op. 44 von Robert Schumann mit seiner Ehefrau Clara am Klavier aus der Taufe gehoben wurde. Von da an etablierte sich die Gattung des Klavierquintetts im Musikbetrieb, und in ihrem Gefolge erlebte auch das Genre des Klavierquartetts einen neuen Höhenflug. So komponierte Johannes Brahms ab 1863 neben seinem Klavierquintett drei Klavierquartette. Schon das erste dieser Quartette des Protegées und Seelenverwandten von Robert und Clara Schumann, das Klavierquartett op. 25, ist ein wahres Juwel der romantischen Kammermusik.
Das Ensemble Isura, bestehend aus Mitgliedern des Bayerischen Staatsorchesters und dem international gefragten Konzertpianisten Dmitri Vinnik, hat beide Leuchtturm-Kompositionen romantischer Kammermusik in sein Programm aufgenommen. Freuen Sie sich auf diesen außergewöhnlichen Konzertabend!
Eintritt: € 25, für Mitglieder € 20, für Schüler/Studierende bis 30 J. € 5.
Verbindliche Anmeldung unter info@kammermusik-pasing.de
Robert Schumann (1810 – 1856) schrieb am 23. September 1842 in sein „Haushaltsbuch“: Anflug zu einem Quintett. Am 28. April 1842 vermeldet das „Haushaltsbuch“: Ziemlich fertig mit dem Quintett. In sage und schreibe fünf Tagen hatte er das Klavierquintett op. 44 Es-Dur vollständig skizziert! Am 12. Oktober notierte er: Mein Quintett fertig aufgeschrieben, und Ehefrau Clara jubelte im Ehetagebuch: Er hat ziemlich ein Quintett vollendet, das mir nach dem, was ich erlauscht, wieder herrlich scheint, ein Werk voll Kraft und Frische! Schumann muss sich in einem wahren Schaffensrausch befunden haben. Gewidmet hat er das Klavierquintett nicht, wie ursprünglich vorgesehen, der Großherzogin von Sachsen-Weimar, sondern seiner Frau Clara.
Heute würde man Schumann als Nerd bezeichnen, als Mensch, der sich exzessiv auf eine bestimmte geistige Herausforderung stürzt. Denn er widmete sich in seinen besten Komponistenjahren bis zur Erschöpfung ein und derselben musikalischen Gattung und wandte sich dann erst dem nächsten Genre zu. So schrieb er bis 1840 fast nur Werke für Klavier; das Jahr 1840 wurde zu seinem „Liederjahr“, es folgte 1841 das Jahr der Symphonien und 1842 das der Kammermusik.
Das Klavierquintett op. 44 vereinigt in unglaublicher Fülle kraftvolle Themen und hochgestimmte enthusiastische Aufschwünge mit zärtlich-schwärmerischen Passagen, dramatische Ausbrüche mit tragischen Abstürzen, Glückseligkeit mit Trauer. Dabei bleibt die Struktur in Aufbau und Verarbeitung des musikalischen Materials stets klar und fasslich. So wird im 1. Satz das triumphal vorwärtsdrängende Hauptthema sogleich lyrisch umgebogen. Das zweite Thema gestaltet der Komponist als träumerischen Dialog zwischen Cello und Bratsche, dem zu Beginn der Durchführung ein düsterer Abstieg folgt, ehe sich das kraftvolle Hauptthema wieder durchsetzt. Im 2. Satz, einem ergreifenden Trauermarsch, spielt sich für den Schumann-Verehrer Tschaikowsky eine „ganze Tragödie“ ab. Die Düsternis wird unterbrochen vom zärtlich-wehmütigen Seitenthema, das sogleich von einem hochdramatischen Ausbruch bekämpft wird - ein Einfall, der auf den Rat des Freundes Mendelssohn zurückgeht. Das Scherzo ist ein Perpetuum mobile von auf- und absteigenden Tonleitern - und zugleich ein rhythmisches Vexierspiel - mit zwei schlichten, volksliedhaften Trios. Dem zweiten Trio hört man deutlich an, dass es auf Anregung Mendelssohns eingefügt wurde. Im Finalsatz verknüpft Schumann das tänzerische Hauptthema mit Themenmaterial des 1. Satzes, bis schließlich eine Doppelfuge über beide Themen das Quintett triumphal beendet.
Das Klavierquartett Nr. 1 g-Moll op. 25 von Johannes Brahms (1833 – 1897) ist trotz seiner kammermusikalischen Besetzung ein Monumentalwerk, nicht nur wegen des symphonischen Ausmaßes, sondern auch wegen der „thematischen Vereinheitlichung durch Motivvariationen“ (Reclam) durch alle vier Sätze hindurch. Aber es ist auch eine Feier des Exzesses in seinem Finalsatz, der in einem rauschhaften Tanztaumel alla Zingarese endet. Diesen Ausbruch in die Welt der volkstümlichen sogenannten Zigeunermusik hatte das Publikum bei der Uraufführung 1861 in Hamburg nicht erwartet, so dass die Resonanz trotz der Mitwirkung von Clara Schumann am Klavier verhalten blieb, wogegen die vom ungarischen Csárdás begeisterten Wiener das Werk ein Jahr später enthusiastisch feierten. Der Ungar Joseph Joachim, berühmter Geiger, lebenslanger Freund und enger musikalischer Ratgeber von Brahms, der soeben ein Violinkonzert im ungarischen Stil komponiert hatte, räumte neidlos ein: „Mit dem Finale hast Du mir auf meinem eigenen Territorium eine ganz tüchtige Schlappe versetzt“. Der symphonische Zuschnitt des Klavierquartetts veranlasste Arnold Schönberg nicht nur zu dem Bonmot, das Werk sei Brahms' „Fünfte Symphonie“, sondern - auf Anregung Otto Klemperers - auch zu einer hörenswerten Bearbeitung des Werks für großes Orchester.
Arnold Schönberg bedachte das monumentale, lakonische Hauptthema des 1. Satzes mit der Bemerkung: „Leider nicht von mir!“ Mit seiner absteigenden Intervall-Linie liefert es die Bausteine für die zwei sehnsuchtsvollen Seitenthemen, die von Cello und Bratsche vorgestellt werden. Joseph Joachim erkannte schon in diesem Satz ungarische Charakteristik, die sich für den unbefangenen Hörer allerdings hinter der Variationskunst des Komponisten verbirgt. Der 2. Satz „Intermezzo“ ist ein verhaltenes, leicht melancholisches Zwischenspiel mit einem unruhig dahin huschenden Mittelteil, „kapriziös und fahl zugleich“ (W. Niemann). Der ergreifend schöne 3. Satz beginnt mit einem schlichten, schwärmerischen Hauptthema, das nach dramatischer Steigerung in ein rhythmisch-tänzerisches Seitenthema übergeht und sich in eine majestätische Polonaise verwandelt. Raffinierte harmonische Brechungen leiten zur Reprise über. Im abschließenden Rondo alla Zingarese zieht Brahms alle Register mitreißender „Zigeunermusik“: schmachtende und schwungvolle Melodien, mitreißende Rhythmen, effektvolle Rubati, ausgreifende Ornamente, Bordunklänge, Accellerandi, Unisono-Passagen - und ein Klavier, das ein Zymbal (Hackbrett) perfekt imitiert. Das Werk endet mit einem rauschhaften Taumel nach Art eines Csárdás.
Das Ensemble Isura spielt in der Besetzung
Dmitri Vinnik, Klavier
David Schultheiss, Violine
Rita Kunert, Violine
Clemens Gordon, Viola
Roswitha Timm, Violoncello
Das Ensemble Isura spielt das Klavierquintett op. 44 von Robert Schumann und das Klavierquartett op. 25 von Johannes Brahms
Kammermusik für Klavierquartett, also Klavier und Streichtrio, gab es schon in der Vorklassik und Klassik, z. B. die Klavierquartette von Beethoven und Mozart. Bei den Klavierquintetten mit der Besetzung Klavier und Streichquartett sieht es dagegen anders aus. Hier haben nur Louis Ferdinand Prinz von Preussen und Boccherini kompositorische Spuren hinterlassen, dazu Schubert mit dem „Forellenquintett“. Die große Zeit des Klavierquintetts begann erst in der späteren Romantik, genau genommen am 8. Januar 1843, als im Leipziger Gewandhaus das Klavierquintett op. 44 von Robert Schumann mit seiner Ehefrau Clara am Klavier aus der Taufe gehoben wurde. Von da an etablierte sich die Gattung des Klavierquintetts im Musikbetrieb, und in ihrem Gefolge erlebte auch das Genre des Klavierquartetts einen neuen Höhenflug. So komponierte Johannes Brahms ab 1863 neben seinem Klavierquintett drei Klavierquartette. Schon das erste dieser Quartette des Protegées und Seelenverwandten von Robert und Clara Schumann, das Klavierquartett op. 25, ist ein wahres Juwel der romantischen Kammermusik.
Das Ensemble Isura, bestehend aus Mitgliedern des Bayerischen Staatsorchesters und dem international gefragten Konzertpianisten Dmitri Vinnik, hat beide Leuchtturm-Kompositionen romantischer Kammermusik in sein Programm aufgenommen. Freuen Sie sich auf diesen außergewöhnlichen Konzertabend!
Eintritt: € 25, für Mitglieder € 20, für Schüler/Studierende bis 30 J. € 5.
Verbindliche Anmeldung unter info@kammermusik-pasing.de
Robert Schumann (1810 – 1856) schrieb am 23. September 1842 in sein „Haushaltsbuch“: Anflug zu einem Quintett. Am 28. April 1842 vermeldet das „Haushaltsbuch“: Ziemlich fertig mit dem Quintett. In sage und schreibe fünf Tagen hatte er das Klavierquintett op. 44 Es-Dur vollständig skizziert! Am 12. Oktober notierte er: Mein Quintett fertig aufgeschrieben, und Ehefrau Clara jubelte im Ehetagebuch: Er hat ziemlich ein Quintett vollendet, das mir nach dem, was ich erlauscht, wieder herrlich scheint, ein Werk voll Kraft und Frische! Schumann muss sich in einem wahren Schaffensrausch befunden haben. Gewidmet hat er das Klavierquintett nicht, wie ursprünglich vorgesehen, der Großherzogin von Sachsen-Weimar, sondern seiner Frau Clara.
Heute würde man Schumann als Nerd bezeichnen, als Mensch, der sich exzessiv auf eine bestimmte geistige Herausforderung stürzt. Denn er widmete sich in seinen besten Komponistenjahren bis zur Erschöpfung ein und derselben musikalischen Gattung und wandte sich dann erst dem nächsten Genre zu. So schrieb er bis 1840 fast nur Werke für Klavier; das Jahr 1840 wurde zu seinem „Liederjahr“, es folgte 1841 das Jahr der Symphonien und 1842 das der Kammermusik.
Das Klavierquintett op. 44 vereinigt in unglaublicher Fülle kraftvolle Themen und hochgestimmte enthusiastische Aufschwünge mit zärtlich-schwärmerischen Passagen, dramatische Ausbrüche mit tragischen Abstürzen, Glückseligkeit mit Trauer. Dabei bleibt die Struktur in Aufbau und Verarbeitung des musikalischen Materials stets klar und fasslich. So wird im 1. Satz das triumphal vorwärtsdrängende Hauptthema sogleich lyrisch umgebogen. Das zweite Thema gestaltet der Komponist als träumerischen Dialog zwischen Cello und Bratsche, dem zu Beginn der Durchführung ein düsterer Abstieg folgt, ehe sich das kraftvolle Hauptthema wieder durchsetzt. Im 2. Satz, einem ergreifenden Trauermarsch, spielt sich für den Schumann-Verehrer Tschaikowsky eine „ganze Tragödie“ ab. Die Düsternis wird unterbrochen vom zärtlich-wehmütigen Seitenthema, das sogleich von einem hochdramatischen Ausbruch bekämpft wird - ein Einfall, der auf den Rat des Freundes Mendelssohn zurückgeht. Das Scherzo ist ein Perpetuum mobile von auf- und absteigenden Tonleitern - und zugleich ein rhythmisches Vexierspiel - mit zwei schlichten, volksliedhaften Trios. Dem zweiten Trio hört man deutlich an, dass es auf Anregung Mendelssohns eingefügt wurde. Im Finalsatz verknüpft Schumann das tänzerische Hauptthema mit Themenmaterial des 1. Satzes, bis schließlich eine Doppelfuge über beide Themen das Quintett triumphal beendet.
Das Klavierquartett Nr. 1 g-Moll op. 25 von Johannes Brahms (1833 – 1897) ist trotz seiner kammermusikalischen Besetzung ein Monumentalwerk, nicht nur wegen des symphonischen Ausmaßes, sondern auch wegen der „thematischen Vereinheitlichung durch Motivvariationen“ (Reclam) durch alle vier Sätze hindurch. Aber es ist auch eine Feier des Exzesses in seinem Finalsatz, der in einem rauschhaften Tanztaumel alla Zingarese endet. Diesen Ausbruch in die Welt der volkstümlichen sogenannten Zigeunermusik hatte das Publikum bei der Uraufführung 1861 in Hamburg nicht erwartet, so dass die Resonanz trotz der Mitwirkung von Clara Schumann am Klavier verhalten blieb, wogegen die vom ungarischen Csárdás begeisterten Wiener das Werk ein Jahr später enthusiastisch feierten. Der Ungar Joseph Joachim, berühmter Geiger, lebenslanger Freund und enger musikalischer Ratgeber von Brahms, der soeben ein Violinkonzert im ungarischen Stil komponiert hatte, räumte neidlos ein: „Mit dem Finale hast Du mir auf meinem eigenen Territorium eine ganz tüchtige Schlappe versetzt“. Der symphonische Zuschnitt des Klavierquartetts veranlasste Arnold Schönberg nicht nur zu dem Bonmot, das Werk sei Brahms' „Fünfte Symphonie“, sondern - auf Anregung Otto Klemperers - auch zu einer hörenswerten Bearbeitung des Werks für großes Orchester.
Arnold Schönberg bedachte das monumentale, lakonische Hauptthema des 1. Satzes mit der Bemerkung: „Leider nicht von mir!“ Mit seiner absteigenden Intervall-Linie liefert es die Bausteine für die zwei sehnsuchtsvollen Seitenthemen, die von Cello und Bratsche vorgestellt werden. Joseph Joachim erkannte schon in diesem Satz ungarische Charakteristik, die sich für den unbefangenen Hörer allerdings hinter der Variationskunst des Komponisten verbirgt. Der 2. Satz „Intermezzo“ ist ein verhaltenes, leicht melancholisches Zwischenspiel mit einem unruhig dahin huschenden Mittelteil, „kapriziös und fahl zugleich“ (W. Niemann). Der ergreifend schöne 3. Satz beginnt mit einem schlichten, schwärmerischen Hauptthema, das nach dramatischer Steigerung in ein rhythmisch-tänzerisches Seitenthema übergeht und sich in eine majestätische Polonaise verwandelt. Raffinierte harmonische Brechungen leiten zur Reprise über. Im abschließenden Rondo alla Zingarese zieht Brahms alle Register mitreißender „Zigeunermusik“: schmachtende und schwungvolle Melodien, mitreißende Rhythmen, effektvolle Rubati, ausgreifende Ornamente, Bordunklänge, Accellerandi, Unisono-Passagen - und ein Klavier, das ein Zymbal (Hackbrett) perfekt imitiert. Das Werk endet mit einem rauschhaften Taumel nach Art eines Csárdás.
Das Ensemble Isura spielt in der Besetzung
Dmitri Vinnik, Klavier
David Schultheiss, Violine
Rita Kunert, Violine
Clemens Gordon, Viola
Roswitha Timm, Violoncello
Zum 200. Geburtstag von Carl Reinecke
Wer sich als eingefleischter Klassik- und Kammermusikfan fragt „Wer war Carl Reinecke?“, ist nicht allein und offenbart schon gar nicht eine Bildungslücke. Denn Carl Reinecke (1824 - 1910) - international gefeierter Pianist, unglaublich produktiver Komponist, über Jahrzehnte hinweg Gewandhauskapellmeister in Leipzig, Professor am dortigen Konservatorium und Musikschriftsteller - ist einer der zu Unrecht am Gründlichsten vergessenen Komponisten der Romantik. Dies ändert sich allmählich in unseren Tagen, und daran haben die Künstler des Konzertabends am 21. Juni 2024 maßgebenden Anteil. Sie sind nicht nur hochgelobte Ausnahmemusiker und Musikpädagogen, sondern haben als Duo mit ihren Einspielungen der Cellosonaten von Ludwig van Beethoven und Carl Reinecke die Kritik grenzenlos begeistert. Lassen Sie sich dieses „einzigartige Hörerlebnis“ (Classic.com) nicht entgehen!
Das Programm des Abends
Ludwig van Beethoven, Sonate Nr. 4 C-Dur, op. 102/1
Carl Reinecke, Sonate Nr. 3 G-Dur, op. 238 „Den Manen Brahms“
Johannes Brahms, Sonate Nr. 2 F-Dur, op. 99
würdigt die Stellung Reineckes als Bindeglied zwischen früher und später Romantik. Es beginnt mit Beethovens vorletzter Cellosonate, die in mancherlei Hinsicht als Vorbotin der Romantik gesehen werden kann, und schließt mit der großartigen zweiten und letzten Cellosonate von Brahms, einem seiner schönsten Spätwerke. Beethoven und Brahms umarmen also den Jubilar Reinecke musikalisch. Eintritt: € 25, für Mitglieder € 20, für Schüler/Studierende bis 30 J. € 5.
Verbindliche Anmeldung unter info@kammermusik-pasing.de
Carl Reinecke (1824 - 1910) wuchs im damals dänischen Altona als Sohn eines Musiklehrers in beengten wirtschaftlichen Verhältnissen auf. Er besuchte die Armenschule und erhielt bereits mit sechs Jahren Klavier- und Violinunterricht bei seinem strengen, und, wie wir heute sagen würden, autoritären Vater. Später beklagte er seine „Erziehung zur Willenlosigkeit“. Mit 11 Jahren debütierte er als Pianist, mit 15 veröffentlichte der seine erste Komposition. Ein Stipendium des dänischen Königs ermöglichte ihm 1843 bis 1846 einen Studienaufenthalt in Leipzig bei Mendelssohn und Schumann. Auf eine einjährige Anstellung als dänischer Hofpianist folgten musikalische Wanderjahre, die ihn als Dirigent nach Bremen, als Klavierdozent an das Kölner Konservatorium, als Kapellmeister nach Barmen, als Musikdirektor nach Breslau und schließlich zurück nach Leipzig führten. In dieser Zeit lernte er Franz Liszt und auf dessen Empfehlung Hector Berlioz persönlich kennen. Die Stellung seines Lebens erlangte er 1860, als er Gewandhauskapellmeister wurde – eine Position, die er bis 1895 innehatte. Daneben war er am Leipziger Konservatorium als Kompositionslehrer tätig, ab 1885 als Professor und von 1897 bis 1902 als dessen Direktor.
Seine Bescheidenheit und seine Selbstzweifel machten eine Existenz als Tastenlöwe, Stardirigent oder komponierender Exzentriker unmöglich. Allerdings ließ selbst Franz Liszt seine Tochter in Paris von Reinecke unterrichten, und Hans Christian Andersen pries den Pianisten Reineck in einem Gedicht. Für seine herausragenden Fähigkeiten als Dirigent sprechen die schier unfassbar lange Amtszeit als Chefdirigent des Gewandhausorchesters und nicht zuletzt der Umstand, dass ihm Brahms die Uraufführung seines Deutschen Requiems anvertraute.
Reinicke war Kompositionslehrer beispielsweise von Max Bruch, Edvard Grieg, Frederick Delius und Isaak Albéniz. Er sah sich als Bewahrer und Vollender der musikalischen deutschen Romantik mit seinen Mentoren und Fixsternen Mendelssohn und Schumann. Den Neutönern um Liszt, Wagner, Berlioz und auch Bruckner stand er ablehnend gegenüber und bildete so im Gefolge von Brahms und Rheinberger den konservativen Gegenpol zur „Neudeutschen Schule“. Das Œvre des Vaters von neun Kindern umfasst unglaubliche 288 Opuszahlen - Opern, Oratorien, Sinfonien, Instrumentalkonzerte, Kammermusik und Lieder. Sein unerschöpflicher Einfallsreichtum, seine melodische Kreativität, seine dynamische Gestaltungskraft und seine handwerkliche Perfektion heben ihn „turmhoch über den Durchschnitt der Zeit“ (Walter Zielke). Dennoch ließ er sich in schier grenzenloser Bescheidenheit im Gespräch zu der Bemerkung hinreißen, er werde - bei einem Vergleich mit Schumann - nicht dagegen opponieren, wenn man ihn einen Epigonen nenne. Welch ein bewundernswerter Epigone!
Carl Reinecke widmete seine im Todesjahr von Johannes Brahms 1897 entstandene dritte Cellosonate op. 238 den Manen, also dem Gedenken des eben verstorbenen Komponisten. Das dreisätzige Werk ist eine melodieselige, wehmütige bis trotzig aufbegehrende Hommage an den verehrten Toten, die bei aller Eigenständigkeit dem Geist, Stil und emotionalem Ausdruck von dessen Kompositionen verblüffend nahekommt.
Beethoven bezeichnete seine1815 entstandenen Cellosonate C-Dur op. 102 Nr. 1 im Autograph als „Freje Sonate“. Der Komponist beschäftigte sich in dieser Zeit intensiv mit Johann Sebastian Bachs Musik. Das Werk ließ viele zeitgenössischen Zuhörer ratlos zurück: Wie andere Spätwerke des Komponisten weicht sie in formaler Hinsicht von überkommenen Formen ab; sie besteht aus lediglich zwei Sätzen mit jeweils einer langsamen Einleitung. Die Themen in den Allegro-Teilen erscheinen lakonisch verkürzt, brechen ab oder wirken wie Überleitungen, martialische Unisono-Passagen werden durch ariose Elemente abgelöst, die Verarbeitung der Themen mündet immer wieder in einen Schlagabtausch zwischen beiden Instrumenten, lastend-brütende Übergänge werden abgelöst durch kontrapunktische Elemente, vor allem im abschließenden Allegro vivace des zweiten Satzes, der mit einem wilden, hochvirtuosen Fugato in Rondoform seinem abrupten Ende entgegen stürmt. Der Mannheimer Kapellmeister Michael Frey schrieb nach der Uraufführung 1815 in sein Tagebuch, die Cellosonaten op. 102 Nr. 1 und 2 seien „ohnmöglich (zu) verstehen“. In der Musikalischen Zeitung Berlin war dagegen 1824 zu lesen, das Finale der Cellosonate Nr. 4 sei „ganz dem großen Genie würdig“.
Brahms komponierte seine Cellosonate Nr. 2 F-Dur op. 99 im Jahr 1886 – eine viersätzige Sonate voller Leidenschaft und schmerzvoller Expressivität, aber versöhnlichem Ende. Er schrieb sie nach eigenem Bekunden „in Erwartung einer geliebten Freundin“, vielleicht der Sängerin Hermine Spieß, die der Komponist Gerüchten zufolge heiraten wollte – was diese entschieden ablehnte. Auf den leidenschaftlich drängenden Eingangssatz folgt der emotionale Höhepunkt der Sonate, ein tief bewegendes Adagio affetuoso mit einer wunderbaren einleitenden Kantilene, gefolgt von einem kontrapunktierenden Pizzicato-Thema, das sogleich in einen akkordgestützten melodiösen Mittelteil übergeht und im Nachspiel Schumanns Lied „Nun hast Du mir den ersten Schmerz getan“ aus dem Zyklus „Frauenliebe und Leben“ zitiert. Auf das unruhige Scherzo strebt das Werk mit einem kurzen, heiter-gelösten rondoartigen Finalsatz seinem festlichen Schluss zu.
Der Cellist Manuel Fischer-Dieskau, Sohn der Sänger-Legende Dietrich Fischer-Dieskau, zählt ohne Zweifel zu den herausragenden Musikern seiner Generation. Seine Erfahrungen als Kammermusiker und Solist an der Seite von Künstlern wie Christian Zacharias, Katja & Marielle Labèque, Sabine Meyer, Viktoria Mullova, François Leleux, Reinhard Goebel oder Christoph Poppen u.v.m. machen ihn zu einem gefragten und begehrten Partner auf den internationalen Konzertpodien. Nach seinem Studium, u.a. bei Wolfgang Boettcher und Janos Starker, begann MFD seine berufliche Laufbahn als Cellist des international renommierten Cherubini-Quartetts. Er beschäftigt sich auch intensiv mit dem Spiel auf dem Barockcello und mit der historisch informierten Aufführungspraxis. Eine weitere Leidenschaft ist das Komponieren. MFD ist Professor für Violoncello und Kammermusik an der Johannes Gutenberg Universität in Mainz.
Die kanadische Pianistin Connie Shih gab im Alter von neun Jahren ihr Orchesterdebüt beim Seattle Symphony Orchestra mit Mendelssohns 1. Klavierkonzert. Neben internationalen Auftritten als Solistin konzertierte sie mit namhaften Orchestern in Kanada, den USA, Europa, Japan und China. Als Kammermusikpartnerin arbeitete sie mit Künstlern wie Isabelle Faust und Tabea Zimmermann zusammen. Connie Shih ist seit 2022 Professorin für Klavier- und Kammermusik am Mozarteum Salzburg und gibt Meisterkurse auf der ganzen Welt.
Wer sich als eingefleischter Klassik- und Kammermusikfan fragt „Wer war Carl Reinecke?“, ist nicht allein und offenbart schon gar nicht eine Bildungslücke. Denn Carl Reinecke (1824 - 1910) - international gefeierter Pianist, unglaublich produktiver Komponist, über Jahrzehnte hinweg Gewandhauskapellmeister in Leipzig, Professor am dortigen Konservatorium und Musikschriftsteller - ist einer der zu Unrecht am Gründlichsten vergessenen Komponisten der Romantik. Dies ändert sich allmählich in unseren Tagen, und daran haben die Künstler des Konzertabends am 21. Juni 2024 maßgebenden Anteil. Sie sind nicht nur hochgelobte Ausnahmemusiker und Musikpädagogen, sondern haben als Duo mit ihren Einspielungen der Cellosonaten von Ludwig van Beethoven und Carl Reinecke die Kritik grenzenlos begeistert. Lassen Sie sich dieses „einzigartige Hörerlebnis“ (Classic.com) nicht entgehen!
Das Programm des Abends
Ludwig van Beethoven, Sonate Nr. 4 C-Dur, op. 102/1
Carl Reinecke, Sonate Nr. 3 G-Dur, op. 238 „Den Manen Brahms“
Johannes Brahms, Sonate Nr. 2 F-Dur, op. 99
würdigt die Stellung Reineckes als Bindeglied zwischen früher und später Romantik. Es beginnt mit Beethovens vorletzter Cellosonate, die in mancherlei Hinsicht als Vorbotin der Romantik gesehen werden kann, und schließt mit der großartigen zweiten und letzten Cellosonate von Brahms, einem seiner schönsten Spätwerke. Beethoven und Brahms umarmen also den Jubilar Reinecke musikalisch. Eintritt: € 25, für Mitglieder € 20, für Schüler/Studierende bis 30 J. € 5.
Verbindliche Anmeldung unter info@kammermusik-pasing.de
Carl Reinecke (1824 - 1910) wuchs im damals dänischen Altona als Sohn eines Musiklehrers in beengten wirtschaftlichen Verhältnissen auf. Er besuchte die Armenschule und erhielt bereits mit sechs Jahren Klavier- und Violinunterricht bei seinem strengen, und, wie wir heute sagen würden, autoritären Vater. Später beklagte er seine „Erziehung zur Willenlosigkeit“. Mit 11 Jahren debütierte er als Pianist, mit 15 veröffentlichte der seine erste Komposition. Ein Stipendium des dänischen Königs ermöglichte ihm 1843 bis 1846 einen Studienaufenthalt in Leipzig bei Mendelssohn und Schumann. Auf eine einjährige Anstellung als dänischer Hofpianist folgten musikalische Wanderjahre, die ihn als Dirigent nach Bremen, als Klavierdozent an das Kölner Konservatorium, als Kapellmeister nach Barmen, als Musikdirektor nach Breslau und schließlich zurück nach Leipzig führten. In dieser Zeit lernte er Franz Liszt und auf dessen Empfehlung Hector Berlioz persönlich kennen. Die Stellung seines Lebens erlangte er 1860, als er Gewandhauskapellmeister wurde – eine Position, die er bis 1895 innehatte. Daneben war er am Leipziger Konservatorium als Kompositionslehrer tätig, ab 1885 als Professor und von 1897 bis 1902 als dessen Direktor.
Seine Bescheidenheit und seine Selbstzweifel machten eine Existenz als Tastenlöwe, Stardirigent oder komponierender Exzentriker unmöglich. Allerdings ließ selbst Franz Liszt seine Tochter in Paris von Reinecke unterrichten, und Hans Christian Andersen pries den Pianisten Reineck in einem Gedicht. Für seine herausragenden Fähigkeiten als Dirigent sprechen die schier unfassbar lange Amtszeit als Chefdirigent des Gewandhausorchesters und nicht zuletzt der Umstand, dass ihm Brahms die Uraufführung seines Deutschen Requiems anvertraute.
Reinicke war Kompositionslehrer beispielsweise von Max Bruch, Edvard Grieg, Frederick Delius und Isaak Albéniz. Er sah sich als Bewahrer und Vollender der musikalischen deutschen Romantik mit seinen Mentoren und Fixsternen Mendelssohn und Schumann. Den Neutönern um Liszt, Wagner, Berlioz und auch Bruckner stand er ablehnend gegenüber und bildete so im Gefolge von Brahms und Rheinberger den konservativen Gegenpol zur „Neudeutschen Schule“. Das Œvre des Vaters von neun Kindern umfasst unglaubliche 288 Opuszahlen - Opern, Oratorien, Sinfonien, Instrumentalkonzerte, Kammermusik und Lieder. Sein unerschöpflicher Einfallsreichtum, seine melodische Kreativität, seine dynamische Gestaltungskraft und seine handwerkliche Perfektion heben ihn „turmhoch über den Durchschnitt der Zeit“ (Walter Zielke). Dennoch ließ er sich in schier grenzenloser Bescheidenheit im Gespräch zu der Bemerkung hinreißen, er werde - bei einem Vergleich mit Schumann - nicht dagegen opponieren, wenn man ihn einen Epigonen nenne. Welch ein bewundernswerter Epigone!
Carl Reinecke widmete seine im Todesjahr von Johannes Brahms 1897 entstandene dritte Cellosonate op. 238 den Manen, also dem Gedenken des eben verstorbenen Komponisten. Das dreisätzige Werk ist eine melodieselige, wehmütige bis trotzig aufbegehrende Hommage an den verehrten Toten, die bei aller Eigenständigkeit dem Geist, Stil und emotionalem Ausdruck von dessen Kompositionen verblüffend nahekommt.
Beethoven bezeichnete seine1815 entstandenen Cellosonate C-Dur op. 102 Nr. 1 im Autograph als „Freje Sonate“. Der Komponist beschäftigte sich in dieser Zeit intensiv mit Johann Sebastian Bachs Musik. Das Werk ließ viele zeitgenössischen Zuhörer ratlos zurück: Wie andere Spätwerke des Komponisten weicht sie in formaler Hinsicht von überkommenen Formen ab; sie besteht aus lediglich zwei Sätzen mit jeweils einer langsamen Einleitung. Die Themen in den Allegro-Teilen erscheinen lakonisch verkürzt, brechen ab oder wirken wie Überleitungen, martialische Unisono-Passagen werden durch ariose Elemente abgelöst, die Verarbeitung der Themen mündet immer wieder in einen Schlagabtausch zwischen beiden Instrumenten, lastend-brütende Übergänge werden abgelöst durch kontrapunktische Elemente, vor allem im abschließenden Allegro vivace des zweiten Satzes, der mit einem wilden, hochvirtuosen Fugato in Rondoform seinem abrupten Ende entgegen stürmt. Der Mannheimer Kapellmeister Michael Frey schrieb nach der Uraufführung 1815 in sein Tagebuch, die Cellosonaten op. 102 Nr. 1 und 2 seien „ohnmöglich (zu) verstehen“. In der Musikalischen Zeitung Berlin war dagegen 1824 zu lesen, das Finale der Cellosonate Nr. 4 sei „ganz dem großen Genie würdig“.
Brahms komponierte seine Cellosonate Nr. 2 F-Dur op. 99 im Jahr 1886 – eine viersätzige Sonate voller Leidenschaft und schmerzvoller Expressivität, aber versöhnlichem Ende. Er schrieb sie nach eigenem Bekunden „in Erwartung einer geliebten Freundin“, vielleicht der Sängerin Hermine Spieß, die der Komponist Gerüchten zufolge heiraten wollte – was diese entschieden ablehnte. Auf den leidenschaftlich drängenden Eingangssatz folgt der emotionale Höhepunkt der Sonate, ein tief bewegendes Adagio affetuoso mit einer wunderbaren einleitenden Kantilene, gefolgt von einem kontrapunktierenden Pizzicato-Thema, das sogleich in einen akkordgestützten melodiösen Mittelteil übergeht und im Nachspiel Schumanns Lied „Nun hast Du mir den ersten Schmerz getan“ aus dem Zyklus „Frauenliebe und Leben“ zitiert. Auf das unruhige Scherzo strebt das Werk mit einem kurzen, heiter-gelösten rondoartigen Finalsatz seinem festlichen Schluss zu.
Der Cellist Manuel Fischer-Dieskau, Sohn der Sänger-Legende Dietrich Fischer-Dieskau, zählt ohne Zweifel zu den herausragenden Musikern seiner Generation. Seine Erfahrungen als Kammermusiker und Solist an der Seite von Künstlern wie Christian Zacharias, Katja & Marielle Labèque, Sabine Meyer, Viktoria Mullova, François Leleux, Reinhard Goebel oder Christoph Poppen u.v.m. machen ihn zu einem gefragten und begehrten Partner auf den internationalen Konzertpodien. Nach seinem Studium, u.a. bei Wolfgang Boettcher und Janos Starker, begann MFD seine berufliche Laufbahn als Cellist des international renommierten Cherubini-Quartetts. Er beschäftigt sich auch intensiv mit dem Spiel auf dem Barockcello und mit der historisch informierten Aufführungspraxis. Eine weitere Leidenschaft ist das Komponieren. MFD ist Professor für Violoncello und Kammermusik an der Johannes Gutenberg Universität in Mainz.
Die kanadische Pianistin Connie Shih gab im Alter von neun Jahren ihr Orchesterdebüt beim Seattle Symphony Orchestra mit Mendelssohns 1. Klavierkonzert. Neben internationalen Auftritten als Solistin konzertierte sie mit namhaften Orchestern in Kanada, den USA, Europa, Japan und China. Als Kammermusikpartnerin arbeitete sie mit Künstlern wie Isabelle Faust und Tabea Zimmermann zusammen. Connie Shih ist seit 2022 Professorin für Klavier- und Kammermusik am Mozarteum Salzburg und gibt Meisterkurse auf der ganzen Welt.
Wiener Sinnlichkeit und böhmische Lebensfreude
Das Insomnia Sextett Regensburg spielt Streichsextette von Korngold und Dvořák
Es gibt sehr wenige Kammermusikensembles, die auf Dauer in der Besetzung mit jeweils zwei Violinen, Bratschen und Celli musizieren. Eine dieser seltenen Formationen ist das Insomnia Sextett Regensburg. Es besteht aus sechs jungen Mitgliedern des Philharmonischen Orchesters Regensburg, die sich 2017 an ihrem Arbeitsplatz, dem Theater der Stadt, kennengelernt haben und durch die Liebe zur Kammermusik verbunden sind:
Yui Iwata-Skweres (Violine)
Joana Weyland (Violine)
Břetislav Hera (Viola)
Matthias Rosenfelder (Viola)
Tomasz Skweres (Violoncello)
Arnold Thelemann (Violoncello)
Auf dem Programm des Konzerts in der letzten vollständig erhaltenen gotischen Dorfkirche Münchens stehen ein Werk eines frühvollendeten Genies der Wiener Musikszene in der Zeit der untergehenden Donaumonarchie, das Streichsextett D-Dur op. 10 von Erich Wolfgang Korngold, und ein Meisterstück eines böhmischen Komponisten der Romantik auf dem Sprung zum Weltruhm, das Streichsextett A-Dur op. 48 von Antonín Dvořák.
Eintritt: € 25, für Mitglieder € 20, für Schüler/Studierende bis 30 J. € 5.
Verbindliche Anmeldung unter info@kammermusik-pasing.de
Erich Wolfgang Korngold (1897 – 1957) war ein echtes Wunderkind: Gustav Mahler bezeichnete den Zehnjährigen als Genie, Richard Strauss bewunderte „diesen jungen Erzmusikanten“, dessen Kompositionen ihn „mit Schrecken und Furcht erfüllten“. Mit zwölf komponierte er sein Klaviertrio op. 1, mit dreizehn erregte sein an der Wiener Hofoper aufgeführtes pantomimischen Ballett „Der Schneemann“ Aufsehen. 1917 komponierte er zwei Opern-Einakter, die Bruno Walter in München herausbrachte. Als Zwanzigjähriger landete er mit seiner Oper „Die tote Stadt“ einen Sensationserfolg, der binnen weniger Jahre an achtzig Theatern in aller Welt nachgespielt wurde. Wegen seiner jüdischen Herkunft angefeindet, folgte er einer Einladung von Max Reinhardt in die USA, um Mendelssohns Sommernachtstraum-Musik für den Film zu arrangieren – und wurde prompt von Warner Brothers unter Vertrag genommen. Als ebenso erfolgreicher wie innovativer Filmkomponist erhielt er zwei Oscars. Voller Sehnsucht nach Wiedererlangung seines früheren Lebens als klassischer Komponist kehrte er 1949 nach Wien zurück. Doch er galt in der klassischen Musikszene wegen seiner Filmkomponisten-Karriere als disqualifiziert, und die musikalische Avantgarde hatte sich von seinem spätromantischen, tonalen Stil abgewandt. Nach seiner endgültigen Rückkehr in die USA starb er enttäuscht und einsam als vergessenes Genie, das erst in jüngster Zeit eine Renaissance erlebt.
Das 1915 entstandene und zwei Jahre später publizierte Streichsextett op. 10 ist ein ungemein farbiges, vielseitiges Werk. Auf den ersten Satz mit seinen drei Themengruppen, seinen Aufschwüngen und Ausbrüchen folgt der träumerisch versponnene langsame Satz, der von melodiösen Cello-Passagen dominiert wird und an Schönbergs „Verklärte Nacht“ erinnert. Das folgende Intermezzo atmet Wiener Landler-Seligkeit mit Glissando- und Pizzicato-Passagen; Gustav Mahler und Richard Strauss lassen grüßen. Der Finalsatz ist eine virtuose Humoreske mit dahineilenden, hüpfenden und dahinhuschenden Fugato-Passagen und marschartigen Einschüben, ehe das Werk mit einem fröhlichen Aufschwung endet.
Antonín Dvořák (1841 – 1904) war das älteste von neun Kindern eines Gastwirts und Metzgers, dessen Leidenschaft allerdings der Musik galt und der später sein Geld als Zitherspieler verdiente. So erhielt er professionellen Orgelunterricht, spielte Bratsche, fing an zu komponieren und verdiente als junger Mann seinen Lebensunterhalt als Kaffeehausmusiker und in einem Privatorchester- dem späteren Orchester des Prager Nationaltheaters. Der Durchbruch als Komponist gelang ihm, als er unter nachdrücklicher Fürsprache von Johannes Brahms 1875 das österreichische Staatsstipendium erhielt und von seinem Förderer dem Verleger Fritz Simrock empfohlen wurde. Dies war der Beginn einer steilen Weltkarriere und einer lebenslangen Freundschaft zwischen den beiden Komponisten.
Mit dem 1878 entstandenen Streichsextett op. 48 begann die „böhmische Periode“ in der Kammermusik des Komponisten. Bis dahin hatte er sich als kompositorischer Autodidakt an der deutschen Romantik und vor allem am „Neutöner“ Richard Wagner orientiert, später am Kompositionsstil von Johannes Brahms. Nun wandte er sich den Musiktraditionen und -formen seiner böhmischen Heimat zu und bezeichnete sich auch selbst als „böhmischen Musikanten“. Vom Streichsextett op. 48 war Brahms begeistert: „Es ist unendlich schön. (…) Diese herrliche Erfindung, Frische und Klangschönheit“! Der erste Satz des Sextetts beginnt mit einem liedhaften Thema in einem breit dahinströmenden Fluss, aus dem sich schließlich das lebhaftere, tänzerische Nebenthema entwickelt. Die beiden Mittelsätze hat der Komponist mit den Bezeichnungen für slawische Volkslied- und Tanzsätze versehen: Die Bezeichnung des langsamen, mit „Dumka“ überschriebenen Satzes bezieht sich auf eine ursprünglich aus der Ukraine stammende traditionelle Tanzmelodie. Der zärtlich-wehmütige Charakter des Satzes, in dessen Zentrum ein verträumtes Wiegenlied steht, berührt unmittelbar. Der nachfolgende „Furiant“, ein schneller böhmischer Volkstanz mit einem lyrischen Trio und einem wilden Schluss-Accelerando, nimmt die Stelle eines Scherzos ein. Der Finalsatz beginnt mit einem Trauermarsch-Thema, das in fünf Variationen verarbeitet wird, ganz allmählich an Schwung gewinnt und schließlich in einer furiosen Stretta dem Ende des Werks zueilt.
Zur Namenswahl „Insomnia Sextett“ schreibt das Ensemble auf seiner Homepage: „Der Name ist durch die mittlerweile acht Ensemble-Kinder inspiriert, die uns zwar gelegentlich nachts wach-, aber niemals davon abhalten, mit Begeisterung gemeinsam Musik zu machen.“
Das Insomnia Sextett Regensburg spielt Streichsextette von Korngold und Dvořák
Es gibt sehr wenige Kammermusikensembles, die auf Dauer in der Besetzung mit jeweils zwei Violinen, Bratschen und Celli musizieren. Eine dieser seltenen Formationen ist das Insomnia Sextett Regensburg. Es besteht aus sechs jungen Mitgliedern des Philharmonischen Orchesters Regensburg, die sich 2017 an ihrem Arbeitsplatz, dem Theater der Stadt, kennengelernt haben und durch die Liebe zur Kammermusik verbunden sind:
Yui Iwata-Skweres (Violine)
Joana Weyland (Violine)
Břetislav Hera (Viola)
Matthias Rosenfelder (Viola)
Tomasz Skweres (Violoncello)
Arnold Thelemann (Violoncello)
Auf dem Programm des Konzerts in der letzten vollständig erhaltenen gotischen Dorfkirche Münchens stehen ein Werk eines frühvollendeten Genies der Wiener Musikszene in der Zeit der untergehenden Donaumonarchie, das Streichsextett D-Dur op. 10 von Erich Wolfgang Korngold, und ein Meisterstück eines böhmischen Komponisten der Romantik auf dem Sprung zum Weltruhm, das Streichsextett A-Dur op. 48 von Antonín Dvořák.
Eintritt: € 25, für Mitglieder € 20, für Schüler/Studierende bis 30 J. € 5.
Verbindliche Anmeldung unter info@kammermusik-pasing.de
Erich Wolfgang Korngold (1897 – 1957) war ein echtes Wunderkind: Gustav Mahler bezeichnete den Zehnjährigen als Genie, Richard Strauss bewunderte „diesen jungen Erzmusikanten“, dessen Kompositionen ihn „mit Schrecken und Furcht erfüllten“. Mit zwölf komponierte er sein Klaviertrio op. 1, mit dreizehn erregte sein an der Wiener Hofoper aufgeführtes pantomimischen Ballett „Der Schneemann“ Aufsehen. 1917 komponierte er zwei Opern-Einakter, die Bruno Walter in München herausbrachte. Als Zwanzigjähriger landete er mit seiner Oper „Die tote Stadt“ einen Sensationserfolg, der binnen weniger Jahre an achtzig Theatern in aller Welt nachgespielt wurde. Wegen seiner jüdischen Herkunft angefeindet, folgte er einer Einladung von Max Reinhardt in die USA, um Mendelssohns Sommernachtstraum-Musik für den Film zu arrangieren – und wurde prompt von Warner Brothers unter Vertrag genommen. Als ebenso erfolgreicher wie innovativer Filmkomponist erhielt er zwei Oscars. Voller Sehnsucht nach Wiedererlangung seines früheren Lebens als klassischer Komponist kehrte er 1949 nach Wien zurück. Doch er galt in der klassischen Musikszene wegen seiner Filmkomponisten-Karriere als disqualifiziert, und die musikalische Avantgarde hatte sich von seinem spätromantischen, tonalen Stil abgewandt. Nach seiner endgültigen Rückkehr in die USA starb er enttäuscht und einsam als vergessenes Genie, das erst in jüngster Zeit eine Renaissance erlebt.
Das 1915 entstandene und zwei Jahre später publizierte Streichsextett op. 10 ist ein ungemein farbiges, vielseitiges Werk. Auf den ersten Satz mit seinen drei Themengruppen, seinen Aufschwüngen und Ausbrüchen folgt der träumerisch versponnene langsame Satz, der von melodiösen Cello-Passagen dominiert wird und an Schönbergs „Verklärte Nacht“ erinnert. Das folgende Intermezzo atmet Wiener Landler-Seligkeit mit Glissando- und Pizzicato-Passagen; Gustav Mahler und Richard Strauss lassen grüßen. Der Finalsatz ist eine virtuose Humoreske mit dahineilenden, hüpfenden und dahinhuschenden Fugato-Passagen und marschartigen Einschüben, ehe das Werk mit einem fröhlichen Aufschwung endet.
Antonín Dvořák (1841 – 1904) war das älteste von neun Kindern eines Gastwirts und Metzgers, dessen Leidenschaft allerdings der Musik galt und der später sein Geld als Zitherspieler verdiente. So erhielt er professionellen Orgelunterricht, spielte Bratsche, fing an zu komponieren und verdiente als junger Mann seinen Lebensunterhalt als Kaffeehausmusiker und in einem Privatorchester- dem späteren Orchester des Prager Nationaltheaters. Der Durchbruch als Komponist gelang ihm, als er unter nachdrücklicher Fürsprache von Johannes Brahms 1875 das österreichische Staatsstipendium erhielt und von seinem Förderer dem Verleger Fritz Simrock empfohlen wurde. Dies war der Beginn einer steilen Weltkarriere und einer lebenslangen Freundschaft zwischen den beiden Komponisten.
Mit dem 1878 entstandenen Streichsextett op. 48 begann die „böhmische Periode“ in der Kammermusik des Komponisten. Bis dahin hatte er sich als kompositorischer Autodidakt an der deutschen Romantik und vor allem am „Neutöner“ Richard Wagner orientiert, später am Kompositionsstil von Johannes Brahms. Nun wandte er sich den Musiktraditionen und -formen seiner böhmischen Heimat zu und bezeichnete sich auch selbst als „böhmischen Musikanten“. Vom Streichsextett op. 48 war Brahms begeistert: „Es ist unendlich schön. (…) Diese herrliche Erfindung, Frische und Klangschönheit“! Der erste Satz des Sextetts beginnt mit einem liedhaften Thema in einem breit dahinströmenden Fluss, aus dem sich schließlich das lebhaftere, tänzerische Nebenthema entwickelt. Die beiden Mittelsätze hat der Komponist mit den Bezeichnungen für slawische Volkslied- und Tanzsätze versehen: Die Bezeichnung des langsamen, mit „Dumka“ überschriebenen Satzes bezieht sich auf eine ursprünglich aus der Ukraine stammende traditionelle Tanzmelodie. Der zärtlich-wehmütige Charakter des Satzes, in dessen Zentrum ein verträumtes Wiegenlied steht, berührt unmittelbar. Der nachfolgende „Furiant“, ein schneller böhmischer Volkstanz mit einem lyrischen Trio und einem wilden Schluss-Accelerando, nimmt die Stelle eines Scherzos ein. Der Finalsatz beginnt mit einem Trauermarsch-Thema, das in fünf Variationen verarbeitet wird, ganz allmählich an Schwung gewinnt und schließlich in einer furiosen Stretta dem Ende des Werks zueilt.
Zur Namenswahl „Insomnia Sextett“ schreibt das Ensemble auf seiner Homepage: „Der Name ist durch die mittlerweile acht Ensemble-Kinder inspiriert, die uns zwar gelegentlich nachts wach-, aber niemals davon abhalten, mit Begeisterung gemeinsam Musik zu machen.“
Quartett HANA und Junhyung KIM
Das Quartett HANA und Junhyung Kim (Klavier) spielen Werke von Joseph Haydn, Erwin Schulhoff und Dimitri Schostakowitsch
Das Quartett HANA und Junhyung Kim (Klavier) spielen Werke von Joseph Haydn, Erwin Schulhoff und Dimitri Schostakowitsch
Der Gedanke, Kompositionen ausgehend von den Lebensumständen ihrer Schöpfer und den politischen Strömungen ihrer Zeit zu interpretieren, ist ebenso naheliegend wie problematisch. Denn die Gestalt großer Musik ist eben nicht allein abhängig von den Verhältnissen, sondern tritt ihnen autonom gegenüber. Allerdings wäre es töricht, die biographischen und soziopolitischen Einflüsse bei der Deutung von Kompositionen ganz außer Betracht zu lassen. Kammermusik in Pasing eröffnet die Spielzeit 2024/2025 mit einem Programm, das es den Besucherinnen und Besuchern ermöglicht, dem Spannungsverhältnis zwischen Biographie, Politik und autonomem Gestaltungswillen am Beispiel dreier paradigmatischer Kompositionen nachzuspüren.
Das Streichquartett C-Dur op. 74 Nr. 1, Hob. III:72 von Joseph Haydn, die Fünf Stücke für Streichquartett von Erwin Schulhoff und das Klavierquintett g-Moll op. 57 von Dimitri Schostakowitsch zeigen, auf welch unterschiedliche Weise die Komponisten mit diesem Spannungsverhältnis umgegangen sind. Das junge und mehrfach ausgezeichnete Quartett HANA hat sich für diesen Kammermusikabend mit dem ebenfalls preisgekrönten und international erfolgreichen Pianisten Junhyung Kim zusammengetan.
Eintritt: 25, für Mitglieder € 20, für Schüler/Studierende bis 30 J. € 5.
Verbindliche Anmeldung unter info@kammermusik-pasing.de
Joseph Haydn (1732 – 1809), Streichquartett op. 74 Nr. 1: die Verteidigung der Leichtigkeit des Seins
Haydn schrieb seine sechs späten Streichquartette op. 71 und 74 nach Rückkehr von seiner triumphalen eineinhalbjährigen Englandreise im Jahr 1793 in Wien. Die Französische Revolution hatte mit ihrem Terrorregime ihren Höhepunkt erreicht, König Louis XVI und seine Frau Marie Antoinette starben unter der Guillotine, Europa versank für mehr als 20 Jahre in Kriegen, denen Millionen Menschen zum Opfer fielen.
Scheinbar unberührt davon schuf Haydn ein heiteres, unbeschwertes Werk mit eingängigen und tänzerischen Themen, schlichter, volkstümlicher Melodik und einem spektakulären wilden „Volksmusik“-Finale. Bei genauerem Hinhören fallen jedoch die musikalischen Widerhaken und Störfeuer auf, die der Komponist zielgerichtet gesetzt hat, um allzu selbstgewisse Hörgewohnheiten zu untergraben. Diese kontrollierte Verunsicherung wird schon in den einleitenden Akkordschlägen deutlich, die eher den Schluss als den Beginn einer Komposition markieren. Es folgen in allen Sätzen überraschende und kühne Modulationen, dynamische Variationen, rhythmischen Verschiebungen und ein virtuoses Finale. Kein kompositorischen „Business as usual“, sondern ein verhalten optimistischer Aufbruch in eine neue, unbekannte Zeit. Und Kammermusik, nicht geschrieben für intime Aufführungen in Adelspalais, sondern in öffentlichen Abonnement-Konzerten für ein selbstbewusstes bürgerliches Publikum, wie es Haydn in England kennengelernt hatte.
Erwin Schulhoff (1894 – 1942), Fünf Stücke für Streichquartett: der Tanz auf dem Vulkan
Schulhoff, in Prag als Kind einer deutsch-jüdischen Familie geboren, war einer der vielseitigsten, kreativsten und originellsten Komponisten der Zeit zwischen den Weltkriegen. Ein Rebell und Provokateur, der heute so gründlich vergessen ist, dass nicht einmal eingefleischte Klassik-Fans seinen Namen kennen – Folge der Verfemung und Verfolgung durch Nazi-Deutschland. Mitte der 1920er Jahre gehörte er zu den bekanntesten Komponisten der avantgardistischen Musikszene. Auf internationalen Festivals für Neue Musik feierte er Triumphe, Paul Hindemith brachte einige seiner Kammermusikwerke zur Uraufführung. Bereits als Siebenjähriger wurde er von Antonín Dvořák gefördert. Mit zehn kam er an das Prager Konservatorium, vier Jahre später nahm ihn Max Reger in seine legendäre Leipziger Kompositionsklasse auf und 1913 erhielt er Unterricht bei Claude Debussy in Paris. In den frühen Zwanziger Jahren tauchte er als freischaffender Musiker in Berlin und Dresden tief in die künstlerische Avantgarde ein, lernte den Maler George Grosz und seinen dadaistischen Kreis kennen, veranstaltete „Fortschrittskonzerte“ und tanzte sich in den Nächten durch die Jazz-Clubs. Nach seiner Rückkehr in seine Heimatstadt Prag setzte er sich für die Zwölftonmusik und die Vierteltonmusik ein, nahm aber auch tschechische Musiktraditionen auf und verband sie zu seinem ganz eigenen Klangkosmos. Schulhoff schrieb Kammermusik, eine Oper, ein Ballett, Symphonien, ein Jazzoratorium, Lieder und Solokonzerte. Als glühender Sozialist vertonte er 1930 das Kommunistische Manifest als Kantate im Stil des sozialistischen Realismus. Seine große Liebe aber galt dem Tanz und dem Jazz. In einem Brief an den Komponistenkollegen Alban Berg schrieb er: „Ich habe eine außerordentliche Leidenschaft für modische Tänze, und es gibt Zeiten, da gehe ich Nacht für Nacht tanzen allein aus Begeisterung für den Rhythmus und aus unbewusster Sinnlichkeit...“.
Schulhoff, der die sowetische Staatsbürgerschaft beantragt und 1941 erhalten hatte, starb im August 1942 auf der Festung Wülzburg bei Weißenburg in Mittelfranken, wo er als ausländischer Staatsangehöriger interniert war, an Mangelversorgung und Tuberkulose. Am 13. Juni 1941 hatte er gültige Einreisepapiere in die Sowjetunion in der Hand. Der Überfall Hitler-Deutschlands auf den Sowjetstaat neun Tage später verhinderte die rettende Ausreise.
Mit den Darius Milhaud gewidmeten, 1924 entstandenen Fünf Stücken für Streichquartett gelang Schulhoff der Durchbruch in der Neue-Musik-Szene. Es sind Tanzsätze in dem für ihn typischen farbigen, rhythmisch-motorischen Stil – höchst vergnügliche und immer wieder überraschende Burlesken. Im ersten Satz wird die Wienerische Walzerseligkeit karikiert. Ihm folgt eine delikat beginnende Serenade, die jedoch alsbald grotesk dekonstruiert wird. Der dritten Satz ist eine Humoreske über traditionelle tschechische Tanzmusik. Überraschend einfühlsam, ja zärtlich kommt der anschließende Tango daher, und mit dem abschließenden „Alla Tarantella“ enden die Fünf Stücke in einem einzigen, mitreißend-stampfenden Wirbel.
Dimitri Schostakowitsch (1906 – 1975), Klavierquintett op. 57: Ringen um Klarheit und Wahrheit
Das 1940 entstandene Klavierquintett op. 57 hat seinen Schöpfer vor den Fängen der stalinistischen Terrormaschinerie bewahrt. Vier Jahre zuvor war in der „Prawda“ ein vernichtender Artikel über seine Oper „Lady Macbeth von Mzensk“ erschienen, den Stalin nach Besuch der Oper am Vortag lanciert hatte. Der Vorwurf des „Formalismus“, also der westlich-dekadenten Abkehr von den Grundsätzen des sozialistischen Realismus, war buchstäblich lebensgefährlich. Werke des Komponisten kamen auf den Index, Schostakowitsch wurde in die Geheimdienstzentrale Lubjanka vorgeladen und vom Geheimdienst NKWD verhört. Mit der Komposition seiner „linientreuen“ 5. Symphonie konnte sich der Komponist 1937 dem schlimmsten Druck entziehen. Aber erst das Klavierquintett führte zu seiner vollständigen Rehabilitation. Die Uraufführung wurde ein riesiger Erfolg; Schostakowitsch erhielt den Stalinpreis 1. Klasse, verbunden mit einem Preisgeld von 100.000 Rubel, und wurde mit dem Rotbannerorden geehrt. Die Uraufführungskritik in der Prawda war ein Lobgesang auf die Rückkehr zur sowjetischen Ästhetik – ein geradezu groteskes Missverständnis, das dem Komponisten nach dem Krieg den Vorwurf des Opportunismus einbrachte.
Zu Unrecht, denn gerade beim Klavierquintett op. 57 tritt der Komponist der politischen Instrumentalisierung seiner Musik durch den Rekurs auf Johann Sebastian Bach entschieden entgegen. Sorgfalt des Notensatzes, Klarheit und Struktur des Aufbaus, Schlichtheit des thematischen Materials und Innigkeit des Ausdrucks sind die Wesensmerkmale des Werks, das eine ganz eigentümliche Würde ausstrahlt.
Die Komposition beginnt mit einer machtvoll präludierenden Klavier-Einleitung, die von einem intensiven Streichersatz aufgenommen und im Dialog mit dem vorwärtstreibenden Klavier dramatisch gesteigert wird. Das nachfolgende Adagio entwickelt sich aus einer zarten Fuge in den Streichern, die vom Klavier in einen Verzweiflungsausbruch verwandelt wird und schließlich in einem entsagungsvoll-resignativen Trauergestus versinkt - wohl das innere Zentrum des ganzen Werks. Im völligen Kontrast dazu steht das kraftmeierische Scherzo mit seiner karikaturhaft übertriebenen hämmernden Rhythmik. Im Intermezzo werden die Emotionen wieder geglättet und gewissermaßen reflektiert, ehe das Werk mit dem optimistischen Finalsatz schließt.
Das Quartett HANA mit Gyurim Kwak und Fuga Miwatashi (Violinen), Simon Rosier (Viola) und Tzu-Shao Chao (Violoncello) gründete sich 2019 an der Münchner Musikhochschule und studiert aktuell in der Quatuor Ébène Academy sowie bei Prof. Hariolf Schlichtig und Prof. Eberhard Feltz. Das Quartett konnte bereits mehrere Preise bei internationalen Wettbewerben erringen. Im Jahr 2020 gewann das Quartett den 3. Preis beim Felix Mendelssohn Bartholdy Wettbewerb. Beim ARD Musikwettbewerb 2022 erhielt es den ”Förderpreis Jeunesses Musicales Deutschland“ und beim renommierten Internationalen Carl Nielsen Kammermusikwettbewerb in Kopenhagen 2023 den 3. Preis.
Junhyung Kim wurde 1997 in Seoul geboren und erhielt im Alter von zehn Jahren seinen ersten Klavierunterricht. Derzeit studiert er Klavier bei Antti Siirala an der Hochschule für Musik und Theater München. 2017 gewann er beim ARD Musikwettbewerb den Sonderpreis der Mozart-Gesellschaft. 2022 erspielte er sich beim ARD Musikwettbewerb den 2. Preis. Im folgenden Jahr gewann er den 3. Preis beim Felix Mendelssohn Bartholdy Hochschulwettbewerb. Er ist Preisträger weiterer internationaler Wettbewerbe und gibt Recitals in Europa, den USA und Südkorea. In Deutschland ist er mit Orchestern wie dem Konzerthausorchester Berlin und dem Münchener Kammerorchester aufgetreten.
Das Quartett HANA und Junhyung Kim (Klavier) spielen Werke von Joseph Haydn, Erwin Schulhoff und Dimitri Schostakowitsch
Das Quartett HANA und Junhyung Kim (Klavier) spielen Werke von Joseph Haydn, Erwin Schulhoff und Dimitri Schostakowitsch
Der Gedanke, Kompositionen ausgehend von den Lebensumständen ihrer Schöpfer und den politischen Strömungen ihrer Zeit zu interpretieren, ist ebenso naheliegend wie problematisch. Denn die Gestalt großer Musik ist eben nicht allein abhängig von den Verhältnissen, sondern tritt ihnen autonom gegenüber. Allerdings wäre es töricht, die biographischen und soziopolitischen Einflüsse bei der Deutung von Kompositionen ganz außer Betracht zu lassen. Kammermusik in Pasing eröffnet die Spielzeit 2024/2025 mit einem Programm, das es den Besucherinnen und Besuchern ermöglicht, dem Spannungsverhältnis zwischen Biographie, Politik und autonomem Gestaltungswillen am Beispiel dreier paradigmatischer Kompositionen nachzuspüren.
Das Streichquartett C-Dur op. 74 Nr. 1, Hob. III:72 von Joseph Haydn, die Fünf Stücke für Streichquartett von Erwin Schulhoff und das Klavierquintett g-Moll op. 57 von Dimitri Schostakowitsch zeigen, auf welch unterschiedliche Weise die Komponisten mit diesem Spannungsverhältnis umgegangen sind. Das junge und mehrfach ausgezeichnete Quartett HANA hat sich für diesen Kammermusikabend mit dem ebenfalls preisgekrönten und international erfolgreichen Pianisten Junhyung Kim zusammengetan.
Eintritt: 25, für Mitglieder € 20, für Schüler/Studierende bis 30 J. € 5.
Verbindliche Anmeldung unter info@kammermusik-pasing.de
Joseph Haydn (1732 – 1809), Streichquartett op. 74 Nr. 1: die Verteidigung der Leichtigkeit des Seins
Haydn schrieb seine sechs späten Streichquartette op. 71 und 74 nach Rückkehr von seiner triumphalen eineinhalbjährigen Englandreise im Jahr 1793 in Wien. Die Französische Revolution hatte mit ihrem Terrorregime ihren Höhepunkt erreicht, König Louis XVI und seine Frau Marie Antoinette starben unter der Guillotine, Europa versank für mehr als 20 Jahre in Kriegen, denen Millionen Menschen zum Opfer fielen.
Scheinbar unberührt davon schuf Haydn ein heiteres, unbeschwertes Werk mit eingängigen und tänzerischen Themen, schlichter, volkstümlicher Melodik und einem spektakulären wilden „Volksmusik“-Finale. Bei genauerem Hinhören fallen jedoch die musikalischen Widerhaken und Störfeuer auf, die der Komponist zielgerichtet gesetzt hat, um allzu selbstgewisse Hörgewohnheiten zu untergraben. Diese kontrollierte Verunsicherung wird schon in den einleitenden Akkordschlägen deutlich, die eher den Schluss als den Beginn einer Komposition markieren. Es folgen in allen Sätzen überraschende und kühne Modulationen, dynamische Variationen, rhythmischen Verschiebungen und ein virtuoses Finale. Kein kompositorischen „Business as usual“, sondern ein verhalten optimistischer Aufbruch in eine neue, unbekannte Zeit. Und Kammermusik, nicht geschrieben für intime Aufführungen in Adelspalais, sondern in öffentlichen Abonnement-Konzerten für ein selbstbewusstes bürgerliches Publikum, wie es Haydn in England kennengelernt hatte.
Erwin Schulhoff (1894 – 1942), Fünf Stücke für Streichquartett: der Tanz auf dem Vulkan
Schulhoff, in Prag als Kind einer deutsch-jüdischen Familie geboren, war einer der vielseitigsten, kreativsten und originellsten Komponisten der Zeit zwischen den Weltkriegen. Ein Rebell und Provokateur, der heute so gründlich vergessen ist, dass nicht einmal eingefleischte Klassik-Fans seinen Namen kennen – Folge der Verfemung und Verfolgung durch Nazi-Deutschland. Mitte der 1920er Jahre gehörte er zu den bekanntesten Komponisten der avantgardistischen Musikszene. Auf internationalen Festivals für Neue Musik feierte er Triumphe, Paul Hindemith brachte einige seiner Kammermusikwerke zur Uraufführung. Bereits als Siebenjähriger wurde er von Antonín Dvořák gefördert. Mit zehn kam er an das Prager Konservatorium, vier Jahre später nahm ihn Max Reger in seine legendäre Leipziger Kompositionsklasse auf und 1913 erhielt er Unterricht bei Claude Debussy in Paris. In den frühen Zwanziger Jahren tauchte er als freischaffender Musiker in Berlin und Dresden tief in die künstlerische Avantgarde ein, lernte den Maler George Grosz und seinen dadaistischen Kreis kennen, veranstaltete „Fortschrittskonzerte“ und tanzte sich in den Nächten durch die Jazz-Clubs. Nach seiner Rückkehr in seine Heimatstadt Prag setzte er sich für die Zwölftonmusik und die Vierteltonmusik ein, nahm aber auch tschechische Musiktraditionen auf und verband sie zu seinem ganz eigenen Klangkosmos. Schulhoff schrieb Kammermusik, eine Oper, ein Ballett, Symphonien, ein Jazzoratorium, Lieder und Solokonzerte. Als glühender Sozialist vertonte er 1930 das Kommunistische Manifest als Kantate im Stil des sozialistischen Realismus. Seine große Liebe aber galt dem Tanz und dem Jazz. In einem Brief an den Komponistenkollegen Alban Berg schrieb er: „Ich habe eine außerordentliche Leidenschaft für modische Tänze, und es gibt Zeiten, da gehe ich Nacht für Nacht tanzen allein aus Begeisterung für den Rhythmus und aus unbewusster Sinnlichkeit...“.
Schulhoff, der die sowetische Staatsbürgerschaft beantragt und 1941 erhalten hatte, starb im August 1942 auf der Festung Wülzburg bei Weißenburg in Mittelfranken, wo er als ausländischer Staatsangehöriger interniert war, an Mangelversorgung und Tuberkulose. Am 13. Juni 1941 hatte er gültige Einreisepapiere in die Sowjetunion in der Hand. Der Überfall Hitler-Deutschlands auf den Sowjetstaat neun Tage später verhinderte die rettende Ausreise.
Mit den Darius Milhaud gewidmeten, 1924 entstandenen Fünf Stücken für Streichquartett gelang Schulhoff der Durchbruch in der Neue-Musik-Szene. Es sind Tanzsätze in dem für ihn typischen farbigen, rhythmisch-motorischen Stil – höchst vergnügliche und immer wieder überraschende Burlesken. Im ersten Satz wird die Wienerische Walzerseligkeit karikiert. Ihm folgt eine delikat beginnende Serenade, die jedoch alsbald grotesk dekonstruiert wird. Der dritten Satz ist eine Humoreske über traditionelle tschechische Tanzmusik. Überraschend einfühlsam, ja zärtlich kommt der anschließende Tango daher, und mit dem abschließenden „Alla Tarantella“ enden die Fünf Stücke in einem einzigen, mitreißend-stampfenden Wirbel.
Dimitri Schostakowitsch (1906 – 1975), Klavierquintett op. 57: Ringen um Klarheit und Wahrheit
Das 1940 entstandene Klavierquintett op. 57 hat seinen Schöpfer vor den Fängen der stalinistischen Terrormaschinerie bewahrt. Vier Jahre zuvor war in der „Prawda“ ein vernichtender Artikel über seine Oper „Lady Macbeth von Mzensk“ erschienen, den Stalin nach Besuch der Oper am Vortag lanciert hatte. Der Vorwurf des „Formalismus“, also der westlich-dekadenten Abkehr von den Grundsätzen des sozialistischen Realismus, war buchstäblich lebensgefährlich. Werke des Komponisten kamen auf den Index, Schostakowitsch wurde in die Geheimdienstzentrale Lubjanka vorgeladen und vom Geheimdienst NKWD verhört. Mit der Komposition seiner „linientreuen“ 5. Symphonie konnte sich der Komponist 1937 dem schlimmsten Druck entziehen. Aber erst das Klavierquintett führte zu seiner vollständigen Rehabilitation. Die Uraufführung wurde ein riesiger Erfolg; Schostakowitsch erhielt den Stalinpreis 1. Klasse, verbunden mit einem Preisgeld von 100.000 Rubel, und wurde mit dem Rotbannerorden geehrt. Die Uraufführungskritik in der Prawda war ein Lobgesang auf die Rückkehr zur sowjetischen Ästhetik – ein geradezu groteskes Missverständnis, das dem Komponisten nach dem Krieg den Vorwurf des Opportunismus einbrachte.
Zu Unrecht, denn gerade beim Klavierquintett op. 57 tritt der Komponist der politischen Instrumentalisierung seiner Musik durch den Rekurs auf Johann Sebastian Bach entschieden entgegen. Sorgfalt des Notensatzes, Klarheit und Struktur des Aufbaus, Schlichtheit des thematischen Materials und Innigkeit des Ausdrucks sind die Wesensmerkmale des Werks, das eine ganz eigentümliche Würde ausstrahlt.
Die Komposition beginnt mit einer machtvoll präludierenden Klavier-Einleitung, die von einem intensiven Streichersatz aufgenommen und im Dialog mit dem vorwärtstreibenden Klavier dramatisch gesteigert wird. Das nachfolgende Adagio entwickelt sich aus einer zarten Fuge in den Streichern, die vom Klavier in einen Verzweiflungsausbruch verwandelt wird und schließlich in einem entsagungsvoll-resignativen Trauergestus versinkt - wohl das innere Zentrum des ganzen Werks. Im völligen Kontrast dazu steht das kraftmeierische Scherzo mit seiner karikaturhaft übertriebenen hämmernden Rhythmik. Im Intermezzo werden die Emotionen wieder geglättet und gewissermaßen reflektiert, ehe das Werk mit dem optimistischen Finalsatz schließt.
Das Quartett HANA mit Gyurim Kwak und Fuga Miwatashi (Violinen), Simon Rosier (Viola) und Tzu-Shao Chao (Violoncello) gründete sich 2019 an der Münchner Musikhochschule und studiert aktuell in der Quatuor Ébène Academy sowie bei Prof. Hariolf Schlichtig und Prof. Eberhard Feltz. Das Quartett konnte bereits mehrere Preise bei internationalen Wettbewerben erringen. Im Jahr 2020 gewann das Quartett den 3. Preis beim Felix Mendelssohn Bartholdy Wettbewerb. Beim ARD Musikwettbewerb 2022 erhielt es den ”Förderpreis Jeunesses Musicales Deutschland“ und beim renommierten Internationalen Carl Nielsen Kammermusikwettbewerb in Kopenhagen 2023 den 3. Preis.
Junhyung Kim wurde 1997 in Seoul geboren und erhielt im Alter von zehn Jahren seinen ersten Klavierunterricht. Derzeit studiert er Klavier bei Antti Siirala an der Hochschule für Musik und Theater München. 2017 gewann er beim ARD Musikwettbewerb den Sonderpreis der Mozart-Gesellschaft. 2022 erspielte er sich beim ARD Musikwettbewerb den 2. Preis. Im folgenden Jahr gewann er den 3. Preis beim Felix Mendelssohn Bartholdy Hochschulwettbewerb. Er ist Preisträger weiterer internationaler Wettbewerbe und gibt Recitals in Europa, den USA und Südkorea. In Deutschland ist er mit Orchestern wie dem Konzerthausorchester Berlin und dem Münchener Kammerorchester aufgetreten.
Beethoven-Sonaten für Violine und Klavier, 3. Teil
Der Zyklus der zehn Violinsonaten Beethovens gewährt einen einmaligen Einblick in die musikalische Entwicklung des Komponisten vom Frühwerk im Schatten Haydns und Mozarts über den Höhepunkt des „heroischen Stils“ bis an die Grenze des Spätwerks.
Die ARD-Preisträgerin des Jahres 2017 Sarah Christian, Violine, und die vielfache Preisträgerin Prof. Hisako Kawamura, Klavier, beenden nun diese spannende Reise durch die Schaffensperioden des Genies Beethoven mit einer Matinée, bei der die Violinsonaten
- Nr. 3 in Es-Dur op. 12,3 von 1798/99,
- Nr. 6 in A-Dur op. 30,1 von 1802 und
- Nr. 7 in c-moll op. 30,2 ebenfalls von 1802
erklingen werden.
Eintritt: € 25, für Mitglieder € 20, für Schüler/Studierende bis 30 J. € 5.
Verbindliche Anmeldung unter info@kammermusik-pasing.de
Die drei Violinsonaten op.12 entstanden in den Jahren 1797/1798. Beethoven widmete die Sonaten seinem Lehrer Antonio Salieri, dem Antipoden Mozarts und damals unbestrittenen Platzhirsch des Wiener Musiklebens. Formal orientieren sich diese Sonaten am Vorbild Mozarts, sowohl in ihrer Dreisätzigkeit als auch in der dialogischen Anlage des musikalischen Ablaufs als Zwiegespräch zwischen Violine und Klavier. Und doch greift Beethoven mit diesen Violinsonaten weit über das zu seiner Zeit Erwartbare hinaus. Häufige Charakterwechsel, wuchtige Akkordschläge, rhythmische Verschiebungen und eigenwillige Modulationen sorgen für Irritation. Kein Wunder, dass die Allgemeine musikalische Zeitung 1799 in den Sonaten op. 12 „keine Natur, keinen Gesang“ erkennen konnte, sondern „eine Sträubigkeit, für die man wenig Interesse fühlt“ monierte. Recht hatte die zeitgenössische Kritik allerdings, wenn sie „ein Anhäufen von Schwierigkeit auf Schwierigkeit“ feststellte.
Die Violinsonate op. 12 Nr. 3 spiegelt diesen musikalischen Umbruch modellhaft wider: Vergleichsweise gefällige Themen im Kopfsatz, die - vor allem in der Durchführung - von rasenden Läufen in beiden Instrumenten unterfüttert und von starken rhythmischen Akzenten unterbrochen werden. Der nachfolgende langsame Adagio-Satz in seiner feierlich-expressiven Grundstimmung trägt unverkennbar vorromantische Züge und verweist auf spätere musikalische Utopien Beethovens, z.B. in der „Pathétique“-Klaviersonate und im langsamen Satz des 4. Klavierkonzerts. Das abschließende Rondo mit seinem betont rhythmischen Contretanz-Thema und seinen trotzig-aufbegehrenden Sforzato-Schlägen stürmt in einem wilden Fugato seinem Ende zu.
Die Werkgruppe der drei Violinsonaten op. 30 entstand 1802 in einer Zeit der tiefen persönlichen Krise, als Beethoven seine beginnende Schwerhörigkeit im „Heiligenstädter Testament“ voller Verzweiflung beklagte und sich endgültig von der Bewunderung Napoleons löste, wie seine Widmung dieser drei Sonaten an Zar Alexander I. zeigt.
Im kompositorischen Prozess des Übergangs zum „neuen Stil“, wie Beethoven selbst seinen monumentalen Kompositionsstil nannte, wirkt die Violinsonate op. 30 Nr. 1 wie eine Fermate. Sie hat insgesamt eine ruhige, manchmal geradezu lyrische Grundstimmung, so schon im 1. Satz mit seinem nachdenklichen Haupt- und seinem walzerartigen Nebenthema, mehr noch im wunderbar ruhigen, ausdrucksvollen langsamen Satz. Den Finalsatz fügte der Komponist nachträglich an, nachdem er den ursprünglich für diese Sonate komponierten Satz zum Finale der „Kreutzersonate“ Nr. 9 op. 47 bestimmt hatte. Dieser neue Schlusssatz, ein Variationensatz mit sechs höchst abwechslungsreichen Variationen, vereinigt in sich die unterschiedlichsten stilistischen Charaktere, darunter eine besonders eindrucksvolle kontrapunktische Moll-Variation. Der zeitgenössische Rezensent der Leipziger „Allgemeinen musikalischen Zeitung“ hielt diesen Satz für „nicht ganz gelungen“. Beethoven schrieb darauf in einem Brief an seinen Verleger von den „Leipziger Ochsen“, die „gewiss niemand durch ihr Geschwätz unsterblich machen, so wie sie auch niemand die Unsterblichkeit nehmen werden“.
Die Violinsonate op. 30 Nr. 2 bildet in der Werkgruppe op. 30 den Höhepunkt. Denn sie nähert sich nicht nur in der viersätzigen Anlage dem symphonischen Vorbild an, sondern markiert auch stilistisch deutlich den Schritt zur „heroischen“ Tonsprache, wie sie der Komponist in der 1802/1803 entstandenen Eroica-Symphonie voll entfaltete. Auf den ersten Satz mit seinen großen Spannungsbögen vom geheimnisvollen Klavier-Tremolo bis zum mitreißenden, vorwärtsstürmenden Marschrhythmus, seinen wuchtigen Akkordschlägen und der groß angelegten Coda folgt ein erhaben anmutendes, arkadisches Adagio cantabile. Das tänzerische Scherzo überrascht durch vertrackte Synkopen und rhythmische Verschiebungen, ehe der vehement vorwärtsdrängende Finalsatz mit seinem markanten Haupt- und dem beschwingten Seitenthema nach einer gewaltigen Presto-Stretta seinem Ende entgegenjagt.
Die 1990 in Augsburg geborene Sarah Christian schloss ihr Studium am Mozarteum Salzburg als 20-jährige mit höchster Auszeichnung ab und setzte ihr Studium an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin fort, wo sie als Assistentin einen Lehrauftrag hatte. Seit 2013 ist sie Konzertmeisterin der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen. Als gefragte Solistin arbeitete sie bereits mit renommierten Dirigenten und Orchestern wie dem Deutschen Sinfonieorchester Berlin und dem BBC Symphony Orchestra zusammen und konzertiert auf den Bühnen Europas, Chinas, Japans und Südamerikas. Dabei nutzt sie immer wieder die Möglichkeit, selbst vom Pult aus zu leiten. Sarah Christian ist Preisträgerin zahlreicher Wettbewerbe. Sie wurde u.a. mit der Yehudi-Menuhin-Medaille und der Szymon-Goldberg-Medaille ausgezeichnet und erspielte sich beim ARD-Musikwettbewerb 2017 den 2. Preis (bei Nichtvergabe des 1. Preises). Auch kammermusikalisch ist sie aktiv, z.B. beim Schleswig-Holstein-Festival oder den Schwetzinger Festspielen.
Hisako Kawamura, geboren in Japan und aufgewachsen in Deutschland, wurde musikalisch geprägt von der japanischen und europäischen Kultur. Im Verlauf ihrer Studien lernte sie die slawische Musik schätzen. Seit ihrer von der Kritik mit Begeisterung aufgenommenen Debut-CD mit Werken u.a. von Sergei Prokofiew hat sie zahlreiche CDs bei verschiedenen Labels eingespielt, darunter z.B. Sony. Hisako Kawamura ist vielfache Preisträgerin renommierter Wettbewerbe, z.B. des ARD-Musikwettbewerbs, des Concours Géza Anda in Zürich, des Europäischen Chopin-Wettbewerbs in Darmstadt und des Concours Clara Haskil in Vevey. Sie wurde von vielen internationalen Orchestern eingeladen und konzertierte unter anderem mit der Ungarischen Nationalphilharmonie und dem City of Birmingham Orchestra. 2015 wurde sie als Professorin an die Folkwang Universität der Künste in Essen berufen, wo sie bereits seit 2011 unterrichtete.
Der Zyklus der zehn Violinsonaten Beethovens gewährt einen einmaligen Einblick in die musikalische Entwicklung des Komponisten vom Frühwerk im Schatten Haydns und Mozarts über den Höhepunkt des „heroischen Stils“ bis an die Grenze des Spätwerks.
Die ARD-Preisträgerin des Jahres 2017 Sarah Christian, Violine, und die vielfache Preisträgerin Prof. Hisako Kawamura, Klavier, beenden nun diese spannende Reise durch die Schaffensperioden des Genies Beethoven mit einer Matinée, bei der die Violinsonaten
- Nr. 3 in Es-Dur op. 12,3 von 1798/99,
- Nr. 6 in A-Dur op. 30,1 von 1802 und
- Nr. 7 in c-moll op. 30,2 ebenfalls von 1802
erklingen werden.
Eintritt: € 25, für Mitglieder € 20, für Schüler/Studierende bis 30 J. € 5.
Verbindliche Anmeldung unter info@kammermusik-pasing.de
Die drei Violinsonaten op.12 entstanden in den Jahren 1797/1798. Beethoven widmete die Sonaten seinem Lehrer Antonio Salieri, dem Antipoden Mozarts und damals unbestrittenen Platzhirsch des Wiener Musiklebens. Formal orientieren sich diese Sonaten am Vorbild Mozarts, sowohl in ihrer Dreisätzigkeit als auch in der dialogischen Anlage des musikalischen Ablaufs als Zwiegespräch zwischen Violine und Klavier. Und doch greift Beethoven mit diesen Violinsonaten weit über das zu seiner Zeit Erwartbare hinaus. Häufige Charakterwechsel, wuchtige Akkordschläge, rhythmische Verschiebungen und eigenwillige Modulationen sorgen für Irritation. Kein Wunder, dass die Allgemeine musikalische Zeitung 1799 in den Sonaten op. 12 „keine Natur, keinen Gesang“ erkennen konnte, sondern „eine Sträubigkeit, für die man wenig Interesse fühlt“ monierte. Recht hatte die zeitgenössische Kritik allerdings, wenn sie „ein Anhäufen von Schwierigkeit auf Schwierigkeit“ feststellte.
Die Violinsonate op. 12 Nr. 3 spiegelt diesen musikalischen Umbruch modellhaft wider: Vergleichsweise gefällige Themen im Kopfsatz, die - vor allem in der Durchführung - von rasenden Läufen in beiden Instrumenten unterfüttert und von starken rhythmischen Akzenten unterbrochen werden. Der nachfolgende langsame Adagio-Satz in seiner feierlich-expressiven Grundstimmung trägt unverkennbar vorromantische Züge und verweist auf spätere musikalische Utopien Beethovens, z.B. in der „Pathétique“-Klaviersonate und im langsamen Satz des 4. Klavierkonzerts. Das abschließende Rondo mit seinem betont rhythmischen Contretanz-Thema und seinen trotzig-aufbegehrenden Sforzato-Schlägen stürmt in einem wilden Fugato seinem Ende zu.
Die Werkgruppe der drei Violinsonaten op. 30 entstand 1802 in einer Zeit der tiefen persönlichen Krise, als Beethoven seine beginnende Schwerhörigkeit im „Heiligenstädter Testament“ voller Verzweiflung beklagte und sich endgültig von der Bewunderung Napoleons löste, wie seine Widmung dieser drei Sonaten an Zar Alexander I. zeigt.
Im kompositorischen Prozess des Übergangs zum „neuen Stil“, wie Beethoven selbst seinen monumentalen Kompositionsstil nannte, wirkt die Violinsonate op. 30 Nr. 1 wie eine Fermate. Sie hat insgesamt eine ruhige, manchmal geradezu lyrische Grundstimmung, so schon im 1. Satz mit seinem nachdenklichen Haupt- und seinem walzerartigen Nebenthema, mehr noch im wunderbar ruhigen, ausdrucksvollen langsamen Satz. Den Finalsatz fügte der Komponist nachträglich an, nachdem er den ursprünglich für diese Sonate komponierten Satz zum Finale der „Kreutzersonate“ Nr. 9 op. 47 bestimmt hatte. Dieser neue Schlusssatz, ein Variationensatz mit sechs höchst abwechslungsreichen Variationen, vereinigt in sich die unterschiedlichsten stilistischen Charaktere, darunter eine besonders eindrucksvolle kontrapunktische Moll-Variation. Der zeitgenössische Rezensent der Leipziger „Allgemeinen musikalischen Zeitung“ hielt diesen Satz für „nicht ganz gelungen“. Beethoven schrieb darauf in einem Brief an seinen Verleger von den „Leipziger Ochsen“, die „gewiss niemand durch ihr Geschwätz unsterblich machen, so wie sie auch niemand die Unsterblichkeit nehmen werden“.
Die Violinsonate op. 30 Nr. 2 bildet in der Werkgruppe op. 30 den Höhepunkt. Denn sie nähert sich nicht nur in der viersätzigen Anlage dem symphonischen Vorbild an, sondern markiert auch stilistisch deutlich den Schritt zur „heroischen“ Tonsprache, wie sie der Komponist in der 1802/1803 entstandenen Eroica-Symphonie voll entfaltete. Auf den ersten Satz mit seinen großen Spannungsbögen vom geheimnisvollen Klavier-Tremolo bis zum mitreißenden, vorwärtsstürmenden Marschrhythmus, seinen wuchtigen Akkordschlägen und der groß angelegten Coda folgt ein erhaben anmutendes, arkadisches Adagio cantabile. Das tänzerische Scherzo überrascht durch vertrackte Synkopen und rhythmische Verschiebungen, ehe der vehement vorwärtsdrängende Finalsatz mit seinem markanten Haupt- und dem beschwingten Seitenthema nach einer gewaltigen Presto-Stretta seinem Ende entgegenjagt.
Die 1990 in Augsburg geborene Sarah Christian schloss ihr Studium am Mozarteum Salzburg als 20-jährige mit höchster Auszeichnung ab und setzte ihr Studium an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin fort, wo sie als Assistentin einen Lehrauftrag hatte. Seit 2013 ist sie Konzertmeisterin der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen. Als gefragte Solistin arbeitete sie bereits mit renommierten Dirigenten und Orchestern wie dem Deutschen Sinfonieorchester Berlin und dem BBC Symphony Orchestra zusammen und konzertiert auf den Bühnen Europas, Chinas, Japans und Südamerikas. Dabei nutzt sie immer wieder die Möglichkeit, selbst vom Pult aus zu leiten. Sarah Christian ist Preisträgerin zahlreicher Wettbewerbe. Sie wurde u.a. mit der Yehudi-Menuhin-Medaille und der Szymon-Goldberg-Medaille ausgezeichnet und erspielte sich beim ARD-Musikwettbewerb 2017 den 2. Preis (bei Nichtvergabe des 1. Preises). Auch kammermusikalisch ist sie aktiv, z.B. beim Schleswig-Holstein-Festival oder den Schwetzinger Festspielen.
Hisako Kawamura, geboren in Japan und aufgewachsen in Deutschland, wurde musikalisch geprägt von der japanischen und europäischen Kultur. Im Verlauf ihrer Studien lernte sie die slawische Musik schätzen. Seit ihrer von der Kritik mit Begeisterung aufgenommenen Debut-CD mit Werken u.a. von Sergei Prokofiew hat sie zahlreiche CDs bei verschiedenen Labels eingespielt, darunter z.B. Sony. Hisako Kawamura ist vielfache Preisträgerin renommierter Wettbewerbe, z.B. des ARD-Musikwettbewerbs, des Concours Géza Anda in Zürich, des Europäischen Chopin-Wettbewerbs in Darmstadt und des Concours Clara Haskil in Vevey. Sie wurde von vielen internationalen Orchestern eingeladen und konzertierte unter anderem mit der Ungarischen Nationalphilharmonie und dem City of Birmingham Orchestra. 2015 wurde sie als Professorin an die Folkwang Universität der Künste in Essen berufen, wo sie bereits seit 2011 unterrichtete.